[wlanfhain] Re: wir sind drin
Lord of Berlin
lord-of-berlin
Fr Mai 14 13:33:35 CEST 2004
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Heir der Artikel für die Menschen die keine TAZ zur hand haben:
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~ Per Sauerkrautdose ins World Wide Web
~ Mit einem "Freifunknetz" helfen sich Friedrichshainer
~ Computerfreaks selbst. Und erhoffen sich davon nebenbei
~ einen freien Kulturaustausch
VON MARTIN KAUL
Nein, Bohnendosen sind nicht rostbeständig genug. Milchtüten dagegen
tuns zur Not auch. Aber weil man nun schon in einer
Hochtechnologie-Ära lebt, empfiehlt "Offlinehorst" für bessere
Übertragungswerte die Investition in eine Sauerkrautdose. "Die ist
optimal für den Funktransfer", erklärt der krausköpfige Antennenexperte.
Mit Weißblechdose und Lötzinn ins World Wide Web: An dieser
überraschenden Symbiose von Low- und High-Tech arbeiten derzeit
findige Berliner Computerfreaks - und basteln damit ganz nebenbei an
einem wirklich freien Bürgernetz. Denn frei ist das Internet nach
ihrer Einschätzung schon längst nicht mehr.
Dabei entsprang der Drang zum freien Funknetz einer simplen
Unterversorgung: Weite Teile Friedrichshains warten noch immer auf
Breitbandverbindungen, denn die nötige Infrastruktur konnte T-Com, die
Festnetzsparte der Telekom, bislang noch nicht bereitstellen. Wer auf
der Ostseite der Oberbaumbrücke wohnt und per DSL schnell im Internet
surfen will, hat Pech gehabt: Hier wurden nach der Wende vermeintlich
überlegene Glasfaserkabel in rauen Mengen verlegt, die aber für den
schnellen Datentransfer nicht taugen. Surfern, denen das nötige
Kleingeld fehlt, können sich die Breitbandverbindung ohnehin nicht
leisten - egal in welchem Bezirk sie wohnen.
Um ihre Anschlusskosten zu dämpfen, handelt so manche Studenten-WG
schon längst nach dem Kollektivprinzip. Funktechnik macht es möglich,
sich unverkabelt und durch Wände hindurch den Netzzugang und die damit
verbundenen Kosten zu teilen - selbst mit der Nachbar-WG. Das
kabellose Prinzip ist als "Wireless Local Area Network" (WLAN) bekannt.
Liegt nun ein ganzer Stadtteil anschlussmäßig brach, muss die moderne
Kommune eben etwas größer sein. Dazu bastelt der Verein WaveLan Berlin
e.V. an einem möglichst flächendeckenden Netz. Und weil das kein
kommerzieller Anbieter bezahlt, funktioniert es nur mit Ideenreichtum,
Eigeninitiative und Tüftelei. Wer sich mittwochabends ein paar
Stündchen Zeit nimmt, bekommt in der "C-Base" von "Offlinehorst"
erklärt, was er mit seiner Sauerkrautdose anzustellen hat, um sich ins
Funknetz einzuloggen.
Sven Wagner von WaveLan Berlin kennt sich mit dem Ausbau des
Freifunknetzes in der Stadt bestens aus: "Die Funkverbindung zwischen
zwei Antennen besteht nur so lange, wie auch Sichtkontakt besteht",
lautet seine einfache Faustregel. Menschen, die dieser Tage auf
Berliner Dächern stehen und ein großes Fernglas vor die Augen oder ein
paar Dächer weiter flatternde Laken in den Wind halten, ermitteln
Sichtweiten und treiben den Ausbau des freien Bürgernetzes voran. Via
"Ad-hoc-Netzwerk" vernetzt sich dann Computer mit Computer, ganz ohne
zentralen Funkmast.
An diesem Projekt basteln die Freaks in der "C-Base" nun schon seit
anderthalb Jahren. Langsam aber wird das Vorhaben konkret - die
Vernetzung hat begonnen. "Erstmal mussten wir die Technik selbst
verstehen", sagt Wagner. "Aber mittlerweile kommen Leute aus ganz
Deutschland hierher, um zu sehen, wie das Prinzip funktioniert."
Genauso haben auch die Berliner ihre ersten Schritte ins selbst
gebastelte Netz gemacht: In London hat sich ein Freifunk-Network
längst etabliert. Und das strukturschwache dänische Djursland, eine
mit Ostfriesland vergleichbare Region, zeigt die Chancen auf, die
diese Technik bietet: Dort war an Breitband-Internet nicht zu denken.
Um die Isolation von der Informationsgesellschaft abzuwenden,
vernetzten sich die Djursländer selbst kabellos - eine Perspektive,
die die Berliner jetzt aufgreifen.
Auch Crizzy ist Freifunkerin. Sie bastelt gerade an einer Antenne,
weil ihre FreundInnen sich DSL nicht leisten können: "Dann müssen die
nicht immer zu mir kommen, um ins Internet zu gehen." Mit einer
WLAN-Karte können sie - sofern die Besitzer ihren Computer freigeben
und im Funknetz sind - einfach mitsurfen. Solange das Internet außen
vor bleibt, ist der Datentransfer innerhalb des Funknetzes übrigens
völlig umsonst und funktioniert fast wie die Dosentelefone aus
Kinderzeiten. Und auch das Kommunikationsprinzip haben die
Ad-hoc-Systeme sich bei den Kleinen abgeschaut: weitersagen. Wer im
Freifunknetz surft, wandert nicht direkt zu einem großen Provider,
sondern springt in seinem Datenlauf von WLAN-Knoten zu WLAN-Knoten,
sprich: von Funkstation zu Funkstation. Ein große Netzwerkabdeckung
ist somit von der Anzahl der Beteiligten abhängig.
Doch die Vernetzung bietet weitaus spannendere Perspektiven als das
altbekannte Internet. Denn der Informationsfluss innerhalb der
"Datenwolke" des Funknetzes ist um ein Vielfaches schneller als eine
herkömmliche DSL-Verbindung. Und an dieser Stelle wird es für die
Freifunker erst richtig interessant. Der Berliner Jürgen Neumann, der
die bundesweite Initiative "freifunk.net" angestoßen hat, erklärt das
System: "Die meisten privaten DSL-Verbindungen sind asymmetrisch -
oder unbezahlbar. Man kann zwar alles runterladen, aber nur sehr
eingeschränkt eigene Inhalte anbieten." Das Standard-DSL sei eine
"Einbahnstraße" und daher die "Emanzipation der User" gefragt. Sven
Wagner von WaveLan geht da noch weiter: "Die uneingeschränkte
Kommunikation ist ein Grundrecht. Internet hat damit schon lange
nichts mehr zu tun." Und Neumann erklärt: "Wir wollen weg von der
Konsumentenhaltung, hin zu einem freien Austausch von Inhalten, die
man nicht nur konsumieren, sondern auch zur Verfügung stellen kann.
Das ist überhaupt nicht abwegig und im Übrigen völlig legal."
An Visionen, wozu das gut sein kann, fehlt es nicht: Mit dem
"BerlinBackBone" hat WaveLan Berlin ein Kulturnetzwerk ins Leben
gerufen, das bereits erste Testläufe absolviert. Kulturstätten wie
RAW-Tempel, Tacheles oder Kulturbrauerei sollen mittelfristig konstant
vernetzt sein. Wer dann per Sauerkrautdose in der Datenwolke schwebt,
kann etwa in Hochgeschwindigkeit Live-Übertragungen von
Veranstaltungen gratis mitverfolgen - beim Kunst-Festival
"Transmediale" wurde das schon erfolgreich durchexerziert.
Die Basis des Friedrichshainer Netzes ist bereits installiert. Und das
Interesse steigt. Zwar fallen anfangs Kosten für die Beschaffung der
nötigen Hardware an, aber die, sagt Jürgen Neumann, seien
überschaubar. "Mit 100 Euro sollte man hinkommen." Wer tatsächlich
einsteigen will, benötigt dann allerdings etwas Akribie und Geduld für
Konfiguration, Löten, Klettern und Vernetzen. Und Hunger: Irgendwo
muss das ganze Sauerkraut ja auch hin."
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mfg
Lord of Berlin
<=>
Nico Wieczorek
Sven Wagner schrieb:
| moin in der heutigen ausgabe der TAZ ist auf seite *23* ein kleiner
| articel ueber uns. viel spass beim lesen lg cven
|
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