[Berlin-wireless] Cracker hackten 1,5 Millionen Rechner

M. Klawitter m.klawitter
Sa Okt 22 04:26:39 CEST 2005


Klingt ja abenteuerlich...

sonnige Grüße


vom Markus


URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,380875,00.html

Prozess in Holland
Cracker hackten 1,5 Millionen Rechner

Dass kriminelle Cracker Viren, Trojaner und andere Tricks nutzen, um  
Rechner heimlich zu "Zombie-Netzen" zu verbinden, ist lang bekannt.  
In Holland stehen drei solche Cracks vor Gericht. Der Prozess zeigt,  
wo das Problem wirklich liegt.

Anfang Oktober ging bei der niederländischen Polizei ein Hinweis des  
bekannten Providers XS4All ein, auf seinen Servern liefen seltsame  
Dinge: Zahlreiche Rechner von Kunden schienen in koordinierter Weise  
parallel aktiv zu werden. Das roch nach einem "Zombie-" oder  
"Botnet". Hatten hier Hacker oder Cracker die Rechner von  
Privatleuten geknackt und missbrauchten sie nun für ihre Zwecke?


Cyber-Crime: Was lange nur in den Visionen von Innenministern  
existierte, ist mittlerweile bittere Wirklichkeit
Genau das, entschieden die Fahnder der holländischen Polizei schnell  
- und fast noch schneller schafften sie den Zugriff. Keine zwei  
Wochen nach der ersten Aussendung des Virus, der das Botnetz  
geschaffen hatte, sehen sich zurzeit drei 19, 22 und 27 Jahre alte  
Niederländer mit einer Anklage konfrontiert.

Zunächst hatte es geheißen, ihnen werde die Manipulation von über  
100.000 Rechnern vorgeworfen. Falsch war das nicht, aber auch nicht  
unbedingt präzise: Am Donnerstag erklärte die Staatsanwaltschaft in  
Breda, nun gehe es um 1,5 Millionen PCs, die die drei angeblich zu  
einem Zombie-Netzwerk verbunden haben sollen.

Und zwar mit kriminellen Intentionen. Anders als bei den "Spaß- 
Crackern" vergangener Jahre stecken hinter Viren- und  
Trojaneraussendungen, hinter Dateneinbrüchen und Denial-of-Service- 
Attacken und hinter Phishing immer öfter handfeste finanzielle  
Interessen.

Die niederländische Gruppe, die wahrscheinlich aus mehr als den drei  
bisher verhafteten Männern besteht, setzte auf ein sattsam bekanntes  
Rezept, zu Geld zu kommen: Sie versuchte, ein Zombien-Netz als  
Drohkulisse in einer Schutzgelderpressung zu nutzen.

Das Zombie-Netz von Rechnern, zu denen die Gruppe Zugang und über das  
sie zumindest teilweise Kontrolle hatte, hatten sich die Cracker per  
Virenaussendung geangelt: Mit einer Variante des Wurms W32.Toxbot  
gelang es ihnen, unfassbare 1,5 Millionen Rechner zu einem Netz für  
Denial-of-Service-Attacken zu verbinden.

Dort setzte das "Geschäftsmodell" an: Bald schon bekam eine US-Firma  
elektronische Post. Der Inhalt: Zahle, oder wir schießen deine Server  
ab. Nebenbei wurde noch versucht, Paypal- und eBay- 
Konteninformationen abzugreifen.

All das ist wenig überraschend und zugleich doch wieder. Das nun  
aufgedeckte Botnet sei zwar das bisher größte, das man habe  
identifizieren können, kommentierte Simon Hania von XS4All, aber  
letztlich sei es doch nur "ein Tropfen in einem Ozean".

Bedenklich stimmt, wie unspektakulär der ganze Vorgang tatsächlich  
ablief. Toxbot gilt als Wurm, der es zu keiner bemerkenswerten  
Verbreitung schaffte. Sein Schadenspotential wird als medioker  
eingeschätzt. Zudem hatten alle Anbieter von Virenschutz-Software  
binnen kürzester Zeit ein Update zu Toxbot angeboten: Wer seine  
Virenschutz-Software aktuell hielt, hatte seinen Rechner gegen Toxbot  
immunisiert, bevor der auch nur eine Chance hatte, sich richtig zu  
verbreiten.

Dass trotzdem 1,5 Millionen Rechner von dem Wurm "geöffnet" worden  
sein sollen, ist ein Armutszeugnis. Während Otto Normalverbraucher  
allabendlich sein Haus verrammelt, als stünde der Einfall der Hunnen  
bevor, ist der Umgang mit Computernetzen nach wie vor von zu großer  
Sorglosigkeit geprägt.

Zwar gehörte Toxbot nicht zur Klasse der per E-Mail verbreiteten  
Würmer, die eine aktive Mithilfe des Mailempfängers voraussetzen  
(beispielsweise durch Öffnen eines Virenverseuchten Dateianhanges).  
Toxbot verbreitete sich weitgehend "selbstständig" durch Ausnutzung  
dreier Sicherheitslücken im Betriebssystem Windows - auch das ist  
alles andere als selten.

Billig, aber leider wahr: Der Nutzer ist ein Mittäter

Solche auf System-Schwachstellen zielende Viren verbreiten sich über  
das Netz selbst: Bei manchen von ihnen reicht es, den Rechner  
schlicht mit dem Internet zu verbinden - das ist, als finge man sich  
eine Grippe bei der Fahrt in der U-Bahn. Andere schaffen die  
Infektion durch Ausnutzung von Sicherheitslücken in Browser-Software:  
Seit rund zwei Jahren gibt es Viren, denen als "Schnittstelle" zum  
Aufbrechen des Systems der Internet Explorer reichte.

Für reflexhaftes Microsoft-Bashing bietet dieser Fall jedoch  
keinerlei Anlass: Die Sicherheitslücken wurden von Microsoft im  
Oktober 2002, Juli 2003 respektive April 2004 geschlossen.  
Voraussetzung dafür, von Toxbot "abgeschossen" zu werden, war also  
ein Verzicht auf jede Pflege des Betriebssystems seit mindestens  
April 2004. Dass es überhaupt noch 1,5 Millionen Rechner gab, die die  
seitdem kursierenden Cyber-Krankheiten wie "Sasser" überhaupt  
überlebten, ist da vielleicht das eigentlich Ungewöhnliche an dem  
ganzen Fall.

Denn langsam sollte sich herumgesprochen haben, dass sich auch  
Rechner "impfen" lassen: Ihr Serum, um sie gegen die Tausenden von  
Viren und Würmer, die jedes Jahr programmiert werden, immun zu  
machen, heißt Update.

Sicherheitsexperten raten zu regelmäßigen Updates von Virenschutz- 
Software und Firewall, und auch die als "kritisch" bezeichneten  
Sicherheitslücken in Betriebssystemen sollte man regelmäßig flicken.

Hauptziel aller Hacker ist Microsofts Betriebssystem Windows, das  
diesen auch mächtig viel Gelegenheit zum Schindluder bietet.  
Microsoft reagiert auf die Akribie der Hacks und Cracks, die immer  
neue Sicherheitslücken finden, mit dem "Update-Tuesday": Jeweils am  
zweiten Dienstag eines Monats veröffentlicht Microsoft die aktuellen  
Updates. Das lohnt sich, denn auf mehrere Hundert Sicherheitslecks im  
Jahr bringt es Windows locker.

Wem diese Updaterei zu mühselig ist, kann sie von Windows automatisch  
erledigen lassen. Davon, dass das nötig ist, wird man sich in den  
nächsten Wochen beim Prozess in Breda überzeugen können.

Frank Patalong

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SPIEGEL ONLINE - 21. Oktober 2005, 11:20
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