[Berlin-wireless] Fragen aus der Wissenschaft - Zahlen etc?

Sven-Ola Tuecke sven-ola
Fr Jun 22 09:55:13 CEST 2007


Frank,

noch'n Nachtrag. Das CC an "info" hat nicht geklappt, ich poste das darum 
mal auf unsere Mailingliste, evnt. interessiert unser Geschwaetz auch 
andere. Achso. Fuer eine mathematisch korrekte Berechnung, ab wann Freifunk 
nicht mehr funktioniert, fehlen mir die konkreten Parameter. Formel steht 
hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Tragik_der_Allmende#Beispiel

// Sven-Ola

----- Original Message ----- 
From: "Mail Delivery System" <MAILER-DAEMON at netsock.de>
To: <sven-ola at gmx.de>
Sent: Friday, June 22, 2007 8:32 AM
Subject: Undelivered Mail Returned to Sender

Moin Frank,

ich hatte nicht mitbekommen, dass du an die Info-Addr geschrieben hattest. 
Ich
mach'n CC hier dran.

Das von Dir angesprochene Allmende-Prinzip impliziert ja auch immer ein
Dilemma: jegliche Ueberweidung stoppt die gemeinschaftliche Verwertung des
Gemeinde-Ackers. Sofort und fuer immer. Es gibt ja auch in der
Tausch-Oekonomie Prinzipen. Die oekonomische Grundlage ist doch etwa so:

Wikipedia: Ich bekomme evnt. Aufmerksamkeit (der gemeine Klugscheisser ist
gerade in DE eine verbreitete Spezies ;-)

Seti at Home: Ich bekomme ein technische Spielzeug und ebenfalls 
moelgicherweise
eine Chance zum Angeben. Vielleicht bin ich sogar Science Fiction Fan oder
kann eine Dipl-Arbeit darueber machen.

Open/Free-Softs: ich bekomme technische Weiterbildung, interessante Kontakte
und kann evnt. etwas fuer mich machen, das ich gerade nirgendwo billig 
kaufen
kann. Moeglicherweise verbessere ich die Welt (Shuttleworth wuerde sonst vor
Langeweile sterben oder so).

Besagter Otto jedenfalls, der stolz seinen neuen Lappi aus dem Mediamarkt
schleppt, macht ja genau das: Nur nehmen - nix geben. Das Ding ist dafuer
ueberhaupt nicht vorkonfiguriert. Schon die Ansage "Mach'n Firewall aus" 
wird
ihn in Angst+Schrecken versetzen. Hat er doch gelesen, das der Innenminister
was dagegen hat + er mit einem Bein im Gefaengnis steht wenn er XXX-isten
kommunzieren laesst. Ganz zu schweigen von der WLAN-Strahlung und diesem
dumpfen "Unverschluesselt Funken == ganz fiese Hacker machen dich fertig"
Teil aus der letzten Pro7-Planetopia Sitzung mit "Peter dem Fachfreak".

Wir erleben es immer wieder: der gemeine Otto kommt dann auch ganz schnell 
auf
die Idee mit dem Filesharing. Er kommt aus dem Mediamarkt, klappt seinen
Laptop auf und startet Azureus. Jetzt muss er nur noch sicher sein, dass er
nicht identifziert werden kann. Darum die Jammerei nach "bitte bitte
DHCP-IPs". So laeuft das aber nicht -> siehe Gemeinde-Acker-Prinzip. Oder
bzw. so laeuft das schon (gibts woanders). Man muss nur definieren, das man
in erster Linie digitale Inhalte tauschen will und darum genau so ein Netz
aufmacht. Klappt prima, wenn man es technisch darauf optimiert. Hat ja auch
eine oekonomische Basis... Internet-Uplinks sind dann aber eher unerwuenscht
und verschluesselt Funken + geschlossene Benutzergruppe waeren weitere
Voraussetzungen -> Griechenland, Moskau, Tschechien AFAIK.

Man koennte sogar ein reklamebasiertes Deppennetz aufbauen (aka
Buergermeister-macht-WLAN-fuer-die-Stadt). Immer eine Mesh-Station mit einem
Deppenrouter kombinieren. Das waere technisch nicht aufwaendig. Aber dafuer
fehlt uns einerseits die Motivation (Ausnahmen gibts) und
andererseits "verkaufe" ich ja in unserem Netz-Modell z.B. den
Internet-Uplink eines anderen an den Werbepartner. DIe angesprochenen
Buergermeister-WLAN-Netze basieren ja genau darauf: der 1000er Kontakt-Preis
in einem Standard-Werbevertrag ist eine ernstzunehmende Einnahmequelle.
Zusaetzlich kommt damit recht viel Geld ins Spiel. Um eine Community 
effektiv
zu stoppen muss man nur 100.000 Euro planlos in den Topf werfen und schon 
ist
Ende-mit-Community. Bei den kommunzierten Investitionen sollte der
Buergermeister ausserdem ueberlegen, ob er nicht 3,5 Ghz wenigstens fuer den
Backbone kauft. Die Wildwest-Struktur bei 2,4 Ghz verhindert eine
zuverlaessige Nutzung -> da fallen einem die Dauer-Wartungskosten auf die
Fuesse. Profis wollen 50,-- / Stunde und der Zeitwaufwand fuer so Zeugs wird
bei weitem unterschaetzt IMO. Bei uns ist das anders. Wir nix Geld, dafuer
aber mehr Zeit. Bis auf meine Wenigkeit, ich hab' jetzt naemlich keine Mehr.

Ciao,
// Sven-Ola

Am Donnerstag, 21. Juni 2007 20:21 schrieben Sie:
> Hallo Sven,
>
> ich weiß ja nicht, ob Du das mitbekommen hast, dass gerald mir auch
> schon geantwortet hat. Nichtsdestotrotz hab ich auch aus Deiner Mail
> noch was gelernt ;-)
>
> > Und nein. Wir sind kein Hotspot Netz auf Kundenfang. Da guck' besser bei
> > fon.com oder der Telekom nach. Wir machen ein stationaeres Buergernetz.
> > Alle Gleichberechtigt - das impliziert "keine Zero-Admin-Deppen-Konfig",
> > denn dafuer braucht man einen Admin (oder ein Geraet /
> > Management-Software) mit der Funktion.
>
> Dann vielleicht noch ein wenig mehr zu dem Kontext, in dem mich das
> alles (in meinem uni-Elfenbeinturm) interessiert und warum ich gerade
> auf freifunk als "Nebenbei-Untersuchungsgegenstand" gekommen bin (auch
> auf die Gefahr hin, Dich unnötig zuzutexten, kannste natürlich auch
> ignorieren...): Mir ist durchaus bewusst, dass es FON, Telekom, TheCloud
> und Konsorten gibt :-) Worum es mir geht, sind gerade die Unterschiede
> in den Bereitstellungsmodellen von WLAN, auf die "Otto Normaluser"
> theoretisch zurückgreifen kann. Das sind dann:
>
> - Klassische kommerzielle Hotspots
> - Wolken, die unter der "Patenschaft" öffentlicher Einheiten stehen
> (Philadelphia, SF, City of London, Stuttgart?) - also dass, was von der
> breiten Masse als "Die Stadt baut ein WLAN-Netz" wahrgenommen wird
>
> und drittens
>
> - ?
>
> Die Idee dahinter ist, dass es grundsätzlich drei Modelle für das
> Erstellen von Gütern gibt, von denen das dritte in der Ökonomie nur
> spärlich wahrgenommen wird:
>
> - privatwirtschaftlich
> - staatlich bzw. staatlich subventioniert (bei natürlichen Monopolen wie
> klassischerweise Wasser-/Stromversorgung, Eisenbahn, Post)
> - community-basiert (tja... OpenSource, Wikipedia, Rechenzeit zum
> Moleküle-Falten oder zur Suche nach Außerirdischen, ... => einige geben
> etwas, was nicht wehtut; viele viele andere nutzen es, ohne dafür zu
> "bezahlen")
>
> Vielleicht wirds jetzt klarer: Ich bin auf der Suche nach dem dritten
> Modus für die Bereitstellung von mobiler Konnektivität :-)
>
> So wie ich das sehe, passt aber freifunk da nicht so richtig rein, oder?
> Opa Kasu kann ja mit seinem MediaMarkt-Notebook out of the box und
> ziemlich problemlos die ersten beiden benutzen, aber Freifunker wird der
> so schnell nicht. Dann bliebe aber für den dritten Modus nur noch "der
> dumme Nachbar", der aus versehen sein Netz offen lässt, übrig, was dann
> wieder nicht wirklich was mit einer Community wie bei OSS oder Wikipedia
> zu tun hätte.
>
> Denke ich da jetzt völlig wirr?
>
> Irgendwie scheint es also das OSS-Wikipedia-Community-Modell bei der
> Bereitstellung von WLAN-Connectivity "für den kurz in Berlin weilenden
> Benutzer" nicht wirklich zu geben, oder? Im Übrigen ist mir so langsam
> klar, dass es bei freifunk zu allererst um die Bereitstellung einer
> alternativen Infrastruktur (ich bin übrigens auch OPAL-gesegnet) und
> nicht -- ganz plakativ gesagt -- um den Ersatz von UMTS geht. Hat ein
> wenig gedauert, ich gebs ja zu ;-)
>
> Wie auch immer, auf jeden Fall nochmal danke für die ausführliche
> Antwort ;->
>
> Gruß,
>
> Frank





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