[Berlin-wireless] freie Broadcom WLAN Treiber in der Entwicklung

Robert Schuster theBohemian
Do Okt 27 10:32:45 CEST 2005


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Hi,
mit großem Aufwand werden derzeit freie Treiber für Broadcom (BCM) WLAN Karten
geschrieben[0]. Von dieser Entwicklung profitieren nach meinem Wissen vorrangig

a) WRT- und Besitzer von bauähnlichen Geräten (also ein Großteil der Freifunk
Knoten)

b) GNU/Linux Anwender auf Apple Hardware mit der Airport Extreme WLAN-Karte

Das besondere an dem Vorhaben, was auch der Grund ist, warum ich das hier
ausbreite, ist der besondere Aufwand den die Entwickler für die Erlangung freier
Treiber investieren.

Zur Situation: Treiber für die BCM Karten liegen derzeit als kompilierte
(binäre, proprietäre) Module für unsere WRTs vor. Dh. wir können sie nutzen,
aber nicht ihre Funktionsweise studieren, da Broadcom und keiner ihrer
Lizenznehmer je den Quellcode in einer allgemein zugänglichen Form
bereitgestellt hat.

"Pfui!" ;-)

Um eine Reimplementierung der Treiber als freie Software vorzunehmen, könnte
sich ein Satz engagierter Entwickler auf dieses Modul stürzen, es versuchen zu
verstehen und gleichzeitig einen neuen Treiber schreiben. In den USA gibt es
aber seit einiger Zeit ein sehr unbequemes Gesetz namens DMCA ("Digital
Millenium Copyright Act") das äußerst breit ausgelegt werden kann und damit
diese Herangehensweise problematisch macht. (In Europa ist sogenanntes 'reverse
engineering' zur Erlangung technischer Kompatibilität viel weniger bedenklich.)

Zur Umgehung des Problems blieb deshalb nur die "Chinese Wall"[1] Methode übrig:
Es werden zwei unabhängig (= ohne Kommunikation zum Anderen) operierende Teams
benötigt, von denen das eine das binäre Kernelmodul analysiert, um daraus eine
Spezifikation[2] zu schreiben. Das zweite Team liest dann diese Spezifikation
und implementiert sie (= neuen Treiber schreiben). Dadurch wird sichergestellt,
dass die Implementierer keinen Teil des proprietären Moduls gesehen haben und
sich auf diese Weise dem Verdacht der Urheberrechtsverletzung (genauer
"copyright infringement") entziehen.

Das Spezifikationsteam hat aber noch einen ganz dicken Brocken gestemmt: Bei der
Maschinensprache des proprietären Treibers handelt es sich um Anweisungen für
MIPS-Prozessoren. Diese sind im Vergleich zu Intel-x86 Anweisungen extrem
kleinschrittig: Kompiliert man einen Algorithmus für beide Maschinen, fallen in
der MIPS-Version deutlich mehr Anweisungen an. Für das Spezifikationsteam
bedeutet dies eine Erhöhung der Komplexität.

Noch sind die Implementierer beschäftigt den neuen Treiber lauffähig, stabil und
featurereich zu machen. Von Sven-Ola habe ich erfahren, dass es von ihm aus
Interesse an den Treibern gibt, da bei den Bisherigen zB. das Setzen der BSSID
nicht zuverlässig funktioniert. Ich freue mich, weil ein größeres Hindernis
GNU/Linux auf Apple Hardware zu betreiben beseitigt wird. Die *BSD Community
profitiert, da sie über die Spezifikation die Möglichkeit erhält einen Treiber
zu schreiben, der ihren Wünschen an Sicherheit, Plattformunabhängigkeit und
Lizenzierung gerecht wird.

Proprietäre Treiber sorgen an allen Ecken und Enden für Probleme und
Frustration: NVidia, ATI, Phillips-Webcam, NVidia Onboard-Sound &
- -Netzwerkkarten und nicht zuletzt WLAN-Karten. Freie Treiber tendieren nach
einer Phase der Stabilisierung aus dem Bewusstsein ihrer Anwender zu
verschwinden, weil sie einfach keine Probleme mehr machen. Wenn in ein paar
Monaten dieser Zustand für unsere Broadcom Chips erreicht ist, wissen diejenigen
unter euch die bis hierher gelesen haben, um die dafür unternommenen
Anstrengungen und haben für die Einschätzung deren Wertes eine breitere
Grundlage. Meine Anerkennung und Wertschätzung haben die Beteiligten auch
deswegen, weil ich selbst etwas Ähnliches verfolge (Implementierung einer
Spezifikation als freie Software, obwohl ein proprietäres Pendant vorliegt und
weit verbreitet ist), es aber um ein Vielfaches einfacher habe als diese Leute.

Wir können das Implementierungsteam mit der Überlassung von Broadcom-basierter
Hardware unterstützen. Meinen Beitrag zur Freifunk-Netzinvestition würde ich am
liebsten dafür einsetzen.

Grüße
Robert

"Its not the software that is free, its you."
 -- von groklaw.net

[0] - http://bcm43xx.berlios.de/
[1] - http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_wall#Computer_science
[2] - http://linux-bcom4301.sourceforge.net/
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Version: GnuPG v1.4.1 (GNU/Linux)
Comment: Using GnuPG with Mozilla - http://enigmail.mozdev.org

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