[Berlin-wireless] Wieso redet darüber keiner?

Horst Krause offlinehorst
Mi Mär 7 17:00:38 CET 2007


hallo sven-ola + liste,

ich fange noch mal ganz oben im thread an,
hier läst sich vielleicht was über die sache reden,
oder vielleicht sogar darüber, WAS sie ausmacht.
und was sie kaputtmacht.

das thema ist und bleibt für mich,
wie plant/baut/pflegt/stabilisiert/verbessert/erweitert/misst
man ein freies/offenes (jedermannInenn/bürgerInnen-) NETZ.

mess-diener im akademischen gewand sind isoliert, das heisst
ohne rück-kopplung auf die entwicklung dieses netz nutzlos.

zu dem später ausgewalzten lizenz-thread kann ich nüscht sagen...

zum thema 'messen' kann ich nur wiederholen:

   alle wollen von messen reden,
   niemand will gemessen werden,
   umsetzen wills schon gar keiner. 

blosses messen wird, neben den notwendigen recourcen (bot,server)
nix als einen weiteren zahlen-berg erzeugen, plus den darin
verborgenen risiken und dem ja schon jetzt prächtigen dissenz.
und, beobachte ich jetzt schon eine FHI-erwartungs-starre?
nach dem schema: wenn demnächst die_institute_es_super_machen,
dann lohnt es sich ja nicht mehr, sich selbst um seinen
kram zu kümmern.

das ist so ein ähnlicher effekt, wie wenn die bloße ankündigung
von hunger-/entwicklungs-hilfe schlagartig jeden anbau zum erliegen
bringt, und damit diese *hilfe* **notwendig** macht.

wenn man wirklich was verändern will,
dann nur durch wiederholtes durchlaufen des kreislauf:
- praxis-problem beschreiben (gesetzt, man hätte eins und könnte das)
  (andererseits, man kann auch mehrere krankheiten gleichzeitig haben)
- mess-setup-definieren
- messen
- plaui-check
- interpretation des wert
- auswählen, an welcher 'schraube' gedreht werden soll
  (wenn's nur eine gäbe)
- vorsicht, evt. hängt_alles_mit_allem_zusammen 
- checken ob/was passiert
- gegencheck ob's ne fluktuation war
- vorsicht, nach fest kommt lose (viel hilft nicht immer viel, evt. 'optimum')
- es gibt evt. neben-maxima (selbst optimierungs-'algorithmen' verlaufen sich)
usw., s. o.

ACHTUNG,
- es gibt nicht nur virtuelle 'schrauben',
  die per installation oder config. zugänglich sind
- sondern auch physikalische, soziale, usw.
  die befinden sich evt. auf dem dach, u.
  sind dort evt. nicht am richtigen ort,
  oder sind gar nicht vorhanden, oder zu viele,
  oder noch schlimmer:
   in der LUFT,
   im ENVIRONMENT,
   im NOISE, oder
   im KOPF,
   evt.im kopf der ANDEREN!   # fragt elektra :-)

und nicht vergessen:
  "EIN RADIO-LINK HAT MINDESTENZ 2 ENDEN"
   und ist auch noch bi-direktional,
   und ein netz ist etwas komplex.

bei unseren netz spielen verschiedene punkte eine rolle:
- theorie, wissen, forschung, ausbildung,
- technik, hardware, montage, handwerk,
- software, entwicklung, debug, inst., conf.,
- betriebs-technik, messen, monitoren,
- öffentlichkeit, meta-kommunikation,
- fantasie, idealismus, vision, futur... 
- besitz-verhältnisse, legalität,
- kohle, karriere, beziehungen,
- gruppendynamik, psycho, motivation,
- spieltrieb, experiment, spass/frust,
+ eigene_wichtigste_themen.
vieles ist leider nur dünn besetzt, anderes over-crowded.

je nach interesse, zeit, talent, sichtweise, *grösse*, etc.
haben die unterschiedlichsten menschen zu unserem projekt
gefunden, und wenn sie sich rein-wurschteln konnten,
ihren anteil zu der entwicklung beigetragen. was angesichts
- der unterschiedlichen herkunft/erfahrung der leute und
- der entwicklungs-speed/vielschichtigkeit d. thema funk-*mesh*-netz
- und der nicht für jeden menschenlesbaren *dokumentationen*, auch wg.
- simplifizierten/hypender/irreführenden präsentätion/PR/medien, den
- verschiedenen verständniss von *offen, frei, gleich, ad-hoc,
- und dem weiten feld des menschlichen/allzumenschlichen ;-))
bestimmt nicht immer einfach ist.

die community und ihre funk-wolke repräsentiert nicht den bevölkerungs-schnitt.
überwiegend sind junge, talentierte, ehrgeizige männer, mit dem schwerpunkt IT
vertreten, und viele verweilen nicht lange in unserem durchlauf-erhitzer.
die länger bleiben, sind von erstaunlicher vielfalt/individualität,
ich bin im alter v. 52, mit der luft-nummer/antennen-kram, und auch
meinem interesse, aber auch der beteiligung u. betroffenheit
an dem sozialen aspekt der vernetzung ein extremes exemplar.

die propagierte *freiheit*, auch unser projekt verkündet sie,
- beginnt in der 'dunkelheit' der eigenen *seele*
- und endet an freiheit des *anderen*.
ein jeder mag sich prüfen, wie weit sein mut/fähigkeit reicht, sich
mit diesen dunklen u. begrenzenden faktoren auseinander zu setzen.
coder u. techniker tun sich da oft schwer, und versuchen diese unwäg-
barkeiten durch materielle o. dominante work-arounds zu umschiffen.

probleme mit *frei_offen_gleich,_ad-hoc,_spontan* entstehen
aber garantiert dort, wo kommunikanten heisse luft verkaufen,
die dann als enttäuschung/frustration anderen auf die füsse fällt,
und ich kann nur vermuten wieviel -zig-tausende von der bleiflunk-präsi
zwar angezuckert, aber dann frustriert im regen stehen gelassen wurden;
über das unsäglichen pico-peeling-achievment will ich besser schweigen.

probleme gibts sicher auch dort, wo man bewusst blumig *freiheit* verkündet,
wir erleben dann, dass viele den feinen unterschied von *kosten-frei*
und *freie-meinung* nicht kennen, viele nicht *frei-zu-handeln* sind,
mal ganz abgesehen vom *hoppla-ich-bin-so-frei*-egoismus,
egal ob er daher kommt als
- kleines saug-/bohr-/leach-/stör-arschloch, oder 
- im gewand arroganter eigener *grösse*, oder sogar
- gedeckt durch die legitimation selbsternannter *eliten*.

der antagonismus: "geheim-clique* = closed  <->  open = *schnorrer*
den du, sven-ola postulierst, ist etwas willkürlich und auch ungenau.
es gibt immer leute, die zauber/macht des geheimnis fasziniert
oder die wg. paranoia zur zurückhaltung neigen, oder
situationen, wo wegen der komplexität/kenntnis-stand selbst
bei allem guten willen kein austausch möglich/gewünscht ist.

man sollte aber andererseits zu unterscheiden versuchen, zwischen
- *schnorrern* (die ihren abzug wenigstens öffentlich machen)
- selbsternannten *bringern* (die noch zusätzlich kosten),
- *multiplikatoren* (-oft- die ICH-hyp-kamarilla, würg)
- *vectoren* (die infos, inhalte transportieren können).
die übergänge sind fliessend, und man kann allen nur auf die stirn
kucken und nicht ins vielleicht schwarze seelchen, und es ist
leider auch nicht mehr so, wie in den alten western, wo man an
den schwarz/weissen hüten die guten/bösen unterscheiden konnte, aber
bei den *vektoren* lohnt es sich durchaus, denen was mit zu geben,
weil da kommt auch woanders was raus und evt. sogar zurück,
bei den anderen papp-nasen gibts nur unterschiedlichen schaden.

" es sind schon mehr projekte kaputt gegangen am allzumenschlichen,
  als an materiellem mangel oder an unkenntnis. "

gruss horst_104.131.10.1
offlinehorst at web.de



On Mon, 5 Mar 2007 10:17:14 +0100
"Sven-Ola Tuecke" <sven-ola at gmx.de> wrote:

> Hi Rolf,
> 
> hab' erstemal Dank fuers formulieren deiner (wenn auch etwas 
> polarisierender) Sichtweise. Dass Forschungsinstitute durchaus 
> Eigeninteressen entwickeln ist ja so unbekannt bzw. ungewoehnlich nicht. Ich 
> glaube nicht, das wir durch Kontrolle der Nutzerdaten bzw. Nutzungsdaten 
> einen erheblichen Abstand zu jeglicher kommerziellen Anwendung erreichen. 
> Wir wuerden uns eher blockieren.
> 
> Warum? Weil unser Netzmodell auf Kooperation angelegt ist. Um zu kooperieren 
> braucht man Informationen. Informationen z.B. ueber Nachbarn. Informationen 
> ueber den Netz-Zustand. Macht man es "geheim", gibt es ganz schnell eine 
> innere "Clique" mit internem Wissen.. Genau das passiert ja, 
> und zwar sowohl auf der Technikschiene als auch bei der Org. Und natuerlich 
> immer in Varianten. Dass dann jemand einen Nebennutzen abgreift (also z.B. 
> eine Diplomarbeit schreibt oder eine Forschungsprojekt eintuetet) finde 
> nicht sonderlich verwerflich. Iss'n bisschen wie bei freier Software. Die 
> Wertschoepfung ist immens und sicher wesentlich hoeher als im oeffentlichen 
> Bewusstsein bekannt. Beruehrungsaengste zu kommerzieller Nutzung gibts aber 
> nicht viele - die erzeugt da vielmehr einen gewissen "Rueckenwind".
> 
> Die eigentliche Ressource fuer uns ist "freies Spektrum". Das ist 
> unbezahlbar (in gewisser Weise). Freies Spektrum auf der Technikebene UND 
> auf der Politik|Gesetz|Sozialen Ebene. Das gilt es zu besetzten und 
> natuerlich auf Dauer auch zu halten oder sogar auszudehnen (bis nach Afrika 
> oder so ;-). Und dabei koennen die angesprochenen Institutionen helfen. Und 
> ganz generell: Nein. Niemand will einen Ausverkauf. Geht auch gar nicht, 
> solange es keine Super-Clique gibt (s.o).
> 
> P.S.: Es redet sich ueber so Krams besser in lockerer Runde. Einer der 
> Gruende fuer unsere Mittwochsveranstaltungsreihe (seit 4 Jahren jetzt glaube 
> ich). Nur um das Subject: zu thematisieren. Achso: Tippfehler bitte 
> entschuldigen, habe gestern 12 Std. Wasser+Abwasser geloetet und hab' jetzt 
> irgendwie Tippprobleme ;-)
> 
> Loeffelnd,
> // Sven-Ola
> 
> ----- Original Message ----- 
> From: "Rolf Pfeiffer" <ropf at o2online.de>
> To: "wirelesslan in Berlin" <berlin at olsrexperiment.de>
> Sent: Monday, March 05, 2007 7:41 AM
> Subject: [Berlin-wireless] Wieso redet darüber keiner?
> 
> 
> > Ich war leider nicht dabei und hab es nur über ein paar Ecken erfahren - 
> > es
> > gibt wohl Bestrebungen einer "Zusammenarbeit" zwischen olsrexperiment und 
> > der
> > Forschungsindustrie.
> >
> > Die Herren Akademiker möchten wohl Daten - UNSERE DATEN! Deshalb geht uns 
> > das
> > alle an - und ich wundere mich ernsthaft, wieso das hier nicht 
> > thematisiert
> > wird. Immerhin gibt es im Freifunk-BNO-Forum eine Disskussion darüber [1].
> >
> > Meinerseits gibt es ernsthafte Bedenken:
> >
> > - Hinter Frauenhofer oder unseren UNIs stehen Interessen von Staat und
> > Kapital. Während die Einen zB für mp3-codecs Lizenzgebühren verlangen, und
> > damit die Entwicklung von legalen opensource-Alternativen behindern, 
> > halten
> > die Anderen die wirklich interessanten Papers unter Verschluß. (Mir kommt
> > jetzt noch der Kaffe hoch, wenn ich an BRN denke). Die Jungs stehen in
> > vielerlei Hinsicht "auf der anderen Seite"
> >
> > - Die Geschichte von Anonymisierung ist ein modernes Ammenmärchen.
> >
> > - Eine angemessene Gegenleistung? Hier mal eine sehr angreifbare
> > Milchmädchenrechnung: 500 Freifunker beschäftigen sich im Durchschnitt 
> > 1/2Std
> > täglich zu einem Satz von 40? mit dem Netz => macht 10.000? täglich, 
> > Hardware
> > nicht inbegriffen. Da haben wir ganz unbemerkt einen richtigen Schatz
> > produziert - und es gibt einen Markt dafür!
> >
> > - Aus diesem Blickwinkel ist auch die Verwendung unserer Netzdaten in
> > Diplomarbeiten und ähnlichem zustimmungsbedürftig.
> >
> > - Wenn man es böswillig betrachtet (tu ich nicht), ist das Unterjubeln des
> > ganzen statistik-foo per ff-recommendet genauso wie der geplante Einbau 
> > von
> > GPS-Daten in die fff eine stillschweigende Vorbereitung dieser 
> > Entwicklung.
> >
> > Leute - ich bin nicht wissenschaftsfeindlich. Im Gegenteil, es gibt eine 
> > ganze
> > Reihe von Möglichkeiten der Zusammenarbeit - aber dazu schreib ich beim
> > nächsten Mal was. Bis dahin denkt daran:
> >
> > WER MIT DEM TEUFEL ZU ABEND SPEIST, BRAUCHT EINEN LANGEN LÖFFEL !
> >
> > Gruß Rolf
> >
> >
> > [1] 
> > http://www.freifunk-bno.de/component/option,com_smf/Itemid,88/topic,464.0/
> >
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