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charlie at vorsicht-bissig.de
charlie
Mi Jan 23 23:11:27 CET 2008
Heute um 21:39 Uhr vollquottelte Daniel Paufler <dpaufler at leo34.net>:
> eMail ist so ein herrlich missverständliches Medium.
Tatsächlich? Dabei muß man eigentlich nur sinnerhaltend parsen, was
geschrieben wurde... wenn man natürlich unbedingt mißverstehen oder
fehlinterpretieren will...
> *kopfschüttel*
Bevor man den Kopf schüttelt, vergewissere man sich, daß man einen hat.
[ToFu umweltgerecht entsorgt]
,---=[ http://www.textkritik.de/schriftundcharakter/sundc008tofu.htm ]=---
| Der zunehmende Gebrauch von e-mail hat ein schlimmes, im Bereich der
| Schrift noch nie dagewesenes Phänomen gezeitigt. Der weitaus größte Teil
| der Leute, die sich mittels e-mail austauschen, tut das, ohne einen
| Gedanken darauf zu verschwenden, wie die Post beim Empfänger ankommt. Die
| Verantwortung für die Wahrnehmung dessen, was man geschrieben hat, wird
| nicht mehr übernommen. Beim traditionellen Brief war das unvorstellbar;
| beim Schreiben bereits über den späteren Empfänger reflektierend, ver-
| suchte der Schreiber tendenziell, alle äußeren Merkmale auf das Gegenüber
| abzustimmen: Papierwahl, Format, Schriftbild etc. waren Momente der zu
| eröffnenden Kommunikation, die nicht dem Zufall überlassen wurden.
| Respekt dem anderen gegenüber auch in den äußeren Bestandteilen eines
| Briefes war eine, vielleicht die wichtigste Bedingung des Gelingens von
| durch Schrift vermitteltem Austausch.
|
| An die Stelle jenes Respekts tritt heute nicht selten die bekennende
| Ahnungslosigkeit gepaart mit schonungsloser Nichtüberprüfung der Recht-
| schreibung. Laufen Sachen schief, meint man sich schon vorweg generaliter
| durch die Technik entschuldigt. Aber so einfach kommt man, Sancho Pansa,
| nicht davon. Unverschämtes, selbst wenn nicht intendiert, bleibt unver-
| schämt; Mängel der äußeren Form bleiben Mängel, selbst wenn unwissentlich
| produziert. Die Unwissenheit entschuldigt, wie im allgemeinen, so auch
| hier nichts. Es ist ja nicht so, daß irgendwo ein Schild steht:
| »Beim Betreten des e-mail-Bereichs lasse alles Nachdenken fahren.«
|
| [...]
|
| Doch schon tut sich die nächste Falle auf: Im deutschen Usenet ist für
| sie das Akronym TOFU gebräuchlich: Text Oben Fullquote Unten (die
| Mischung von Englisch und Deutsch, die auch in meinem Text hier verwendet
| wird, wäre eine eigene Glosse wert). Man bearbeitet den vom Computer
| erzeugten Zitattext nicht weiter, sondern schreibt einfach seinen Text
| obendrüber. Faulsein kann schön sein, nicht unbedingt aber, wenn dadurch
| einfachste Regeln der Sozialität mit Füßen getreten werden. Für empfind-
| liche Empfänger ist das möglicherweise schon dadurch angezeigt, daß einem
| die Faulheit des Gegenüber in der Form des Vollzitats entgegentritt (wo
| Löschen doch so einfach ist). Niemand würde auf den Gedanken kommen,
| einem Antwortbrief den anfänglichen Brief beizulegen und dafür ist
| (hoffentlich) nicht nur der Umstand verantwortlich, daß dann das Porto
| teurer wäre. Im Falle der e-mail kommt goldene Regel, kategorischer
| Imperativ hinzu, daß, gesetzt das Gegenüber hätte auch so schlechte
| Umgangsformen, bei einer weiteren Antwort schon zwei, dann drei usw.
| fullquotes den Weg durch die Kanäle finden, und kein Mensch mehr weiß,
| wovon die Rede ist.
`-----
Auch der Rest ist - kann es sein, daß ich mich wiederhole? - durchaus sehr
lesenswert. Und der Text stammt nicht von irgend jemandem, der sich nur
wichtig machen will, sondern vom Institut für Textkritik, Heidelberg...
Und diejenigen, die sich hier jetzt von mir angezeckt fühlen, sollten
eeventuell mal darüber nachdenken, daß man stumpfes Vollquotteln und ToFu,
Dauerkleingeschreibsel und solch Dinge durchaus auch als Beleidigung
auffassen kann.
--
Ein Intellektueller ist einer, der mehr Wörter benutzt, als er
eigentlich braucht, um mehr zu sagen, als er eigentlich weiß
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