[Berlin-wireless] [OT] Osterbazar
Norman Steinbach
norm
Mo Apr 13 00:45:35 CEST 2009
Alina Friedrichsen wrote:
>> Wenn man gleich von 0 auf 100 will, geht das natürlich nicht. Bau Deine
>> Existenz doch erst mal langsam auf! Und wenn Du erstmal 3 Projekte pro
>> Monat annimmst, die Dir jeweils 100 EUR bringen, dann ist das doch auch
>> schonmal was. Wenn Du diese gut machst, wirst Du weitere Aufträge
>> bekommen, und immer mehr davon. Du darfst nicht erwarten, alles gleich
>> sofort "hier und jetzt" vorzufinden!
> Das waere aber dann auch wieder ein Stundenlohn von weit unter 7,50 Euro
Du denkst zu linear ;-) - Ein Auftrag der 100 EUR wert ist, kann bei
Deinen Fähigkeiten auch in 5h abgearbeitet sein. Außerdem geht es um
einen *Anfang*, d.h. eine Steigerung ist im Programm mit inbegriffen.
Nur muss dafür die Qualität Deiner Arbeit erstmal bekannt werden, so
dass Du weitere Auftraggeber letztendlich durch
"mund-zu-mund-propaganda" bekommen kannst.
> und viel zu viel Buerokratie.
Diese ist natürlich erst einmal vonnöten, aber dafür gäbe es notfalls
noch die Möglichkeit, Dir einen Einzelfallhelfer vom SPD zuteilen zu
lassen (falls Du das wirklich nicht schaffen solltest, was ich nicht
glaube. Notfalls sind halt 2h/Auftrag reine Bürokratie-Aufwendungen,
aber so viel wird es nicht sein. Könnte mir auch vorstellen, dass es da
Bekannte gibt, die evtl. helfen würden). Das einzige ist: Man darf davor
keine Angst haben!!!
> Mal abgesehen das ich das auch nicht schaffen wuerde.
Derartige Überzeugungen verhindern natürlich nachhaltigst, dass sowas in
den Bereich des Möglichen rückt.
> Nur die wenigsten haben das Privileg mir Free Software Geld verdienen zu
> koennen.
Du meinst die Allerwenigsten. Die wenigsten haben überhaupt das
Privileg, mit der Erstellung von Software Geld verdienen zu können. So
what? Wenn ein Auftraggeber von Dir eine Software haben will, und nicht
bereit ist, das Produkt Deiner Arbeit unter GPL zu lizensieren, dann
wirds halt proprietär - aber dafür um so teurer! Wenn Du erstmal in der
Position bist, Angebote für geforderte Entwicklungs-Tasks zu
unterbreiten, kannst Du auch den Preis diktieren, und dann hast Du die
Freiheit, Dir die reine Arbeitszeit bezahlen zu lassen und das Produkt
dafür unter GPL zu lizensieren, oder aber Dir Dein geistiges Eigentum
bezahlen zu lassen, und die Rechte dafür proprietärerweise an den
Auftaggeber zu übergeben (der dafür dann aber ein relativ hohes
Vielfaches der reinen Arbeitszeit zu bezahlen hat!!!)
Doch so eine Position muss man sich eben erst mal erarbeiten, und dafür
heißt es halt, klein anzufangen. Und auch bei Klein-Aufträgen kannst Du
schon entscheiden: Arbeit, die 100EUR wert ist unter GPL, oder dieselbe
Arbeit für ein Vielfaches des Preises unter proprietärer Lizenz bzw. mit
Abtretung des geistigen Eigentums an den Auftraggeber.
Ich weiß genau, dass Du jetzt denkst, mit dieser Möglichkeit Deine
Ideale zu verraten, aber: So lange es sich noch um solche
kleinst-Aufträge handelt, sind dies meist sowieso hochspezialisierte
Softwaren, mit denen also niemand sonst außer des Auftraggebers etwas
anfangen könnte - und wenn doch, dann wird der Auftraggeber, wenn er es
zur eigenen Verwendung in Auftrag gegeben hat, wohl kaum auf die Idee
kommen, die Software auch an andere mögliche Benutzer desselben
spezial-Szenarios zu lizensieren. Ich könnte mir vorstellen, dass das
erst ab einem gewissen Grad universeller Nutzbarkeit eines
Softwareprogramms überhaupt sinnvoll ist, und bis Du dann Aufträge in
dem Volumen bekommst bzw. aquirieren kannst, wirst Du aus Deinen
bisherigen Erfahrungen 1. das Selbstvertrauen geschöpft haben, solche
größeren Aufträge auch umsetzen zu können, und 2. genügend Reputation
erreicht haben, um den Auftraggeber vor die Wahl zu stellen, ob günstig
& OSS, oder teuer & proprietär. Solange Du Dich ungünstigerweise mit
proprietären Aufträgen zufrieden geben musst (leider ist unser krankes
System nunmal auf Habgier, Missgunst und Egoismus aufgebaut, anstatt auf
der Überzeugung von Fülle und dem bereitwilligen Geben
[="Sterntaler-Prinzip"], doch das ist anscheinend momentan im werden -
doch ich will nicht zuweit abschweifen), kannst Du Dich zumindest noch
damit beruhigen, dass Du 1. auch bei proprietären Aufträgen etwas
dazulernst und Deine Fähigkeiten somit vergrößerst, und 2. proprietäre
Software um ein Vielfaches höher bezahlt wird, als OSS - frag mal
Entwickler die Du kennst, der Faktor dürfte da deutlich höher liegen als
alles was ich in dieser Mail angedeutet habe, da das "geistige
Eigentum", also die vollständigen Verwertungsrechte dafür auch auf den
Auftraggeber übergehen, und Du bräuchtest Dir über abgeschlossene
Aufträge keine Gedanken mehr zu machen, außer dass Du eben
Wissen/Fähigkeiten dazugewonnen hast, und wenn Du es doch sollst, weil
der Auftraggeber weiterführenden Support braucht, kannst Du Dir auch
diesen sehr gut bezahlen lassen.
Mir schmeckt dieses kranke geld-abhängige System auch nicht (deshalb
lebe ich ja so wie ich lebe), aber solange man noch darin eingebunden
ist, muss man dessen Spielregeln eben zumindest in soweit nutzen, dass
man darin trotzdem überleben kann. Dass die Voll-Verweigerungs-Haltung
nichts bringt, habe ich vor einigen Jahren erkannt (nur dass mir eben
Fähigkeiten wie die eines Entwicklers oder sonstwas fehlen, um damit
anders umzugehen als auf dem absoluten Existenz-Minimum. Von daher
könntest Du Dich sogar glücklich schätzen!)
Norm at n
PS: Nun wäre mir eine Antwort von Dir außerhalb der ML aber deutlich
lieber, schon um die Listen-Mitglieder nicht weiter mit der Thematik zu
belasten - die Möglichkeit, einen thematischen Beitrag zu leisten haben
sie mit den auf der ML geposteten Mails nun zur Genüge, also schau
erstmal, was da noch kommt, bevor diese Diskussion öffentlich
weitergeht. Und wenn nicht, kann man auch entsprechende Schlüsse (über
die ML) daraus ziehen...
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