[Berlin-wireless] Das Ende von Fon?
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herder3
Mi Jul 8 22:15:54 CEST 2009
Henning Rogge schrieb:
> Naja, erstmal gibts Berufung... abwarten.
Nein, das OLG-Urteil bezieht sich bereits auf die Berufung und weist sie
zurück. Fon bleibt nun nur noch die Revision, also die (rein formale)
Prüfung auf Rechtsfehler.
Stefan / Keksdosenmann schrieb:
> Kann man damit eine Angriffsmöglichkeit auf Freifunk ableiten? Ich
> denke nicht, so lange FF unentgeldlich bleibt.
Es geht um "geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs",
"insbesondere wenn [...] Entgelte" erhoben werden. Fon wird als
Wettbewerber eines ISPs ausgemacht (was durchaus strittig ist), und Fon
wird wettbewerbwidriges Verhalten bescheinigt. Freifunk kann man wohl
kaum als Wettbewerber bezeichnen, so weit so glücklich.
Was mich bedrückt, ist, dass die Richter mal wieder kaum beziehungsweise
nur vorgeschoben mit Bürgerinteressen argumentieren. Sie argumentieren
protektionistisch mit Wirtschaftsinteressen. Das mag ich nicht.
Die Richter finden es offenbar richtig, dass Flatrates keine Flatrates
sind: "Den Flatrate-Angeboten in diesem Bereich liegt die
unternehmerische Erfahrung und Erwartung zu Grunde, dass Privatkunden
ihren Internetzugang nicht rund um die Uhr in gleichbleibendem Umfang
(beschränkt nur durch die Vertragslaufzeit und die zur Verfügung
gestellte Bandbreite) nutzen, sondern typischerweise nur für begrenzte
Zeitabschnitte unter Übertragung begrenzter Datenmengen, wobei ein
intensiveres Nutzungsverhalten einzelner Anschlussinhaber durch das
Verhalten der Nutzer ausgeglichen wird, die nur gelegentlich im Internet
surfen."
Freifunk unterläuft diese "unternehmerische Erfahrung" auch, und zwar
weit effektiver als Fon das je könnte.
Die Richter schreiben: "Das Geschäftsmodell der Beklagten ist geeignet
und darauf angelegt, die Klägerin in ihrem von legitimen
Absatzinteressen getragenen Vertriebskonzept zu behindern".
Das stimmt doch, was die Flatrates anbelangt, wirklich nicht. Fon
ersetzt keine Flatrate. Freifunk wäre dazu schon eher geeignet. Und was
den mobilen Internetzugang anbelangt: Dann musste der klagende ISP auch
jedes Cafe mit freiem WLAN vor Gericht zerren.
Weiter heißt es: "Vielmehr ist ihr [Fons] Geschäftsmodell objektiv
darauf angelegt, gerade solche Inhaber von WLAN-fähigen
Internetanschlüssen zur Öffnung ihres Internetzugangs (statt zu dem
üblichen Kennwort-Schutz gegenüber Drittzugriffen) zu bewegen, die dazu
einerseits ohne "G E" keinen Anlass hätten und die andererseits wegen
einer Flatrate-Vereinbarung mit ihrem Provider keine Mehrkosten durch
erhöhten Datenfluss befürchten müssen."
Auch diese Zeilen kann man als Freifunker nicht gut finden. Auch
Freifunker teilen Ihr Netz lieber, als dass sie es verriegeln!
Die Richter unterstellen absurder Weise, dass Fons Geschäftsmodell "zu
einer fast ununterbrochenen und vollständigen Ausnutzung der von den
Providern ihren Privatkunden auf Flatrate-Basis eingeräumten Bandbreiten
innerhalb der jeweiligen Vertragslaufzeit führen" könnte. Wir wissen,
dass Fon das nicht kann, aber Freifunk kann es!
Da es ausschließlich um Wettbewerbsrecht geht, kann man natürlich der
Ansicht sein, das alles habe mit Freifunk nichts zu tun. Wenn ich mir
aber die Argumentation der Richter gegen Fon anschaue, dann meine ich,
dass viele der Argumente auch gegen Freifunk gerichtet werden könnten.
Insofern hätte ich mir eine andere Argumentation gewünscht.
Dass Fon eine Schadensersatzpflicht zugesprochen wird, unterstreicht die
Absurdität des Urteils zusätzlich. Foneras, die irgendwo in Wohngebieten
in Fluren im dritten, vierten, fünften Stock stehen, werden nie das
Glück erfahren, von einem Alien oder Bill heimgesucht zu werden. Ein
völlig unsinniger Rechtstreit also, oder?
Hendrik
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