[Berlin-wireless] aus gegebenem Anlass: Kurzvortrag Stoererhaftung heute 21:30

Bernd Adam ba10117
So Sep 13 15:39:48 CEST 2009


Am 09.09.2009, 14:40 Uhr, schrieb wulf <grenouille at c-base.org>:

> es ist zwar nicht der 3. Mi im Monat, trotzdem biete ich heute unter der
> Ueberschrift:
>   "Was Freifunker wissen sollten"
> einen Kurzvortrag zum Thema:
>   Stoererhaftung und sonstiges Rechtliches beim Betreiben eines
>   FF-Gateways an.

Der Vortrag war übrigens super, sowohl in inhaltlicher als auch  
rhetorischer Hinsicht.

Wenn ich alles richtig verstanden habe, läßt sich die Lage so  
zusammenfassen:

- Man muß grundsätzlich zwischen Strafrecht und Zivilrecht trennen.

- Strafrecht 1: Bei Verdacht einer Straftat über mein Gateway muß ich  
damit rechnen, daß die Strafverfolgungsbehörden vorübergehend meine  
komplette Computerausrüstung einkassieren, um die Sache zu klären. Es ist  
deshalb ratsam, mein Gateway räumlich von meinen wirtschaftlichen  
Interessen zu trennen. Im Klartext: Wenn ich z. B. freiberuflicher  
Grafiker oder Fotograf bin, bringt mich eine Haussuchung mit Abtransport  
der gesamten Hardware in ziemliche Bedrängnis.

- Strafrecht 2: Erfahrungsgemäß klären sich solche Verdachte relativ  
unkompliziert auf, und zwar, je professioneller die jeweilige Behörde  
arbeitet. Das heißt, die Leute verstehen schon die technischen Abläufe und  
können nachvollziehen, daß hier nicht böswillig oder fahrlässig ein  
anonymes Gateway geöffnet wird, um Kinderpornografie und  
Terrorvorbereitung Tür und Tor zu öffnen.

- Strafrecht 3: Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden ist  
unumgänglich. Was nicht heißt, daß vorsorglich alles mögliche geloggt  
werden muß.

- Zivilrecht 1: Hier sind wir beim Topic der Veranstaltung, der  
Störerhaftung. In der Praxis haben wir es wahrscheinlich hauptsächlich mit  
einer Abmahnung zu tun. Im Grunde muß man für diesen Fall eine gewisse  
Geldsumme "vorhalten", um einem Abmahnung erstmal begegnen zu können. Eine  
Erstberatung bei einem Rechtsanwalt und eventuelle Vorschüsse kosten  
mehrere Hundert Euro. Dafür könnte (z. B. durch Spenden) ein Hilfsfonds  
eingerichtet werden, mit dem Betroffene erstmal diesen Anfangshürden  
nehmen können, ohne sich zu verschulden.

- Zivilrecht 2: Die üblichen Anschuldigungen (z. B. "der über Ihre IP per  
emule angebotene Titel XYZ führte zu einem Einnahmeverlust von *** Euro")  
wollen durch die Gegenseite erstmal bewiesen sein, und das ist nicht so  
einfach. Also keine Panik.

- Zivilrecht 3: Als FF-Gateway-Betreiber hat man selber vor Gericht eine  
starke Position gegenüber der geforderten Unterlassungserklärung:
-*Eine Schließung meines Gateways (durch Unterzeichnung einer  
Unterlassungserklärung) wäre ein unzumutbarer Einschnitt in das Projekt.
-*Die Motivation meines Projekts beinhaltet keine Störer-Absicht.
-*Bei Schließung meines Gateways sinkt die Störer-Gefahr kaum, denn es  
gibt genügend andere Wege.
-*Durch mein Gateway bin ich Provider, und Provider sind bekanntlich nicht  
verantwortlich für das, was über ihr Gateway passiert. Ansonsten müßten ja  
auch die Großen alle dichtmachen. Daß Freifunk als Organisation nicht als  
Provider auftritt, hat dazu erstmal keinen Bezug.

-------------

Bitte korrigieren, wenn ich etwas nicht präzise wiedergegeben habe.

Im Wiki finde ich zu dem Thema übrigens nur  
http://wiki.freifunk.net/FAQ_Rechtliches mit ziemlich dünnem Inhalt, der  
den einen oder anderen vermutlich eben doch in der Angststarre zurückläßt.  
Hier sollte IMHO noch einiges ergänzt werden.





Mehr Informationen über die Mailingliste Berlin