[Berlin-wireless] heise: Berliner Freifunker wehren Filesharing-Abmahnung ab
Sam Johnsen
sam.johnsen
Fr Jan 16 13:26:04 CET 2015
Berliner Freifunker wehren Filesharing-Abmahnung ab
In einer ersten Entscheidung haben Berliner Freifunker einen Erfolg
gegen Abmahnungen erzielt. Das Amtsgericht Charlottenburg entschied,
dass Freifunker sich auf das Providerprivileg berufen können.
Mehrere Anbieter der frei verfügbaren Funknetze waren im Juli gegen die
ständige Flut von Filesharing-Abmahnungen in die Vorwärtsverteidigung
gegangen: Statt die Abmahnungen auf eigene Kosten abzuwehren, verklagten
sie selbst die Abmahner. Das Amtsgericht Charlottenburg gab in einer nun
veröffentlichten Entscheidung einem der Netzaktivisten vollumfänglich
Recht und bürdete dem Absender einer Filesharing-Abmahnung auch die
Gerichtskosten einer Gegenklage auf.
Zuordnung einer IP-Adresse reicht nicht
Im vorliegenden Fall war es um den Film "Das erstaunliche Leben des
Walter Mitty" gegangen, der im Mai 2014 unter der IP-Adresse eines
Freifunkers in einer Tauschbörse aufgetaucht war. Die deutsche
Marketing- und Vertriebsgesellschaft von Twentieth Century Fox hatte
daraufhin beim Landgericht Köln die Personendaten des Anschlussinhabers
beantragt, diesen kostenpflichtig abgemahnt und eine
Unterlassungserklärung gefordert. Nachdem der Freifunker Gegenklage
eingereicht hatte, zog die Vertriebsgesellschaft ihre Ansprüche zurück,
wollte aber nicht für die Gerichtskosten aufkommen. Folge: Das Gericht
wurde trotz des eigentlich gegenstandslos gewordenen Verfahrens tätig,
um die Kostenverteilung zu entscheiden.
Die Entscheidung ist ein voller Erfolg für den Freifunker. Zwar hat das
Gericht das Rechtsschutzinteresse der Rechteinhaber bestätigt, trotzdem
stehe ihnen kein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft oder Schadenersatz
gegen den Anschlussinhaber zu. So geht das Gericht davon aus, dass die
Zuordnung einer IP-Adresse zum Anschlussinhaber nicht mehr ohne weiteres
die Vermutung rechtfertigt, dass der auch hinter der beobachteten
Rechtsverletzung stehe. So sei es zum Beispiel in Mehrpersonenhaushalten
üblich, dass auch andere Personen den Internetanschluss unbeschränkt nutzen.
Provider-Privileg greift
Auch eine Störerhaftung schloss das Amtsgericht aus: "Wer ein
öffentliches WLAN anbietet, ist grundsätzlich als Access-Provider
einzustufen", heißt es in der Entscheidung. Damit greife auch das so
genannte Provider-Privileg, wonach Zugangsanbieter nicht für
Rechteverletzungen ihrer Kunden verantwortlich gemacht werden. Im Fall
des Freifunk-Anbieters seien weder Registrierungspflichten, noch eine
Belehrung zu verlangen. "Auch etwa die Unterbindung der für die
Tauschbörsennutzung typischen Verbindungen durch Sperrung der
entsprechenden Ports erscheint angesichts deren Vielzahl und
Veränderbarkeit nicht praktikabel", schreibt das Gericht.
Sollten noch mehr Gerichte ähnlich entscheiden, wird die bisherige
Abmahnpraxis zum Risiko für die Rechteinhaber ? sie könnten nicht mehr
auf den seit Jahren etablierten Automatismus setzen, der ihnen in
Fließbandverfahren Recht gibt und den Abgemahnten jeweils Hunderte Euro
Kosten aufbürdet. Inzwischen dringt auch die Bundesregierung auf eine
Neuregelung der Störerhaftung, um öffentliche Internetzugänge zu
fördern. Ein Gesetzentwurf dazu lässt aber bisher auf sich warten.
(Torsten Kleinz) / (anw)
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Berliner-Freifunker-wehren-Filesharing-Abmahnung-ab-2518677.html
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