[Berlin-wireless] Sammlung "best practice": 'Flüchtlingsunterkunft verfreifunken'

Robert Felten robert.felten+freifunk-berlin
Di Sep 15 11:32:06 CEST 2015


Hi,
wie auf dem letzten Freifunktreffen angekündigt, habe ich versucht
meine Erfahrungen im Verfreifunken von Flüchtlingsunterkünften in eine
Wikiseite zu packen um so zusammen mit Anderen eine "best practice"-
sowie eine Checkliste zu erstellen. Ziel ist es, das man/wir nicht
jedes mal das Rat neu erfinden muss wenn eine neue (Not)Unterkunft
aufmacht.

Der Text ist im Wiki unter

https://wiki.freifunk.net/Unterkunft_verfreifunken

sowie im Anhang zu finden.

Falls du Erfahrungen / Inhalte etc hast, bitte ich dich, diese
ebenfalls in das Wiki zu packen, bisher erscheint mir der Text ein
bisschen einseitig. Vielleicht wollen ja Neels, Philipp, ... ihre
Erfahrungen ergänzen? :D

Außerdem sehe ich mich außerstande, sinnvoll die Perspektive eines
Betreiber einzunehmen. Vielleicht findet sich auch da jemand?

LG
Robert

p.s. Bin am Mittwoch leider nicht auf dem Treffen :(

Im Anhang der initale Inhalt der Wikiseite:

''Dieses Dokument ist nach einer Diskussion im FF Berlin am 9.9.2015
entstanden. '''Der jetzige Status ist DRAFT''', die Inhalte sollten
also nur mit Vorsicht
verwendet werden. Es steht jedermann frei das Dokument zu erweitern /
zu verbessern. Es hat mindestens folgende Flaws:''
* ''Es ist ziemlich "berlin lastig" also auf die Situation in Berlin
(BBB, Kommunikation über Mailingliste, etc) zugeschnitten'''
* ''Es wird die Sichweise eines FFers eingenommen, alternativ wäre
auch Betreiber oder Bewohner möglich - bitte Ergänzen falls du
Betreiber oder Bewohner bist''
* ''Rechtschreibung, Satzbau tw. fragwürdig. Es wird nicht korrekt gegendert!''
* ''Manche Abschnitte sind nur Stubs''
* ''In Checkliste zusammendampfen -> Hilfreich für Leute die schon
Erfahrung haben''

== Einleitung ==
Du hast dich also entschieden eine Flüchtlingsunterkunft zu
verfreifunken oder dich anderweitig in der Thematik einzubringen.
Sehr gute Idee finden wir.

Dieses Dokument soll dir bei deinem Vorhaben helfen. Es sammelt,
basierend auf Erfahrungen mit Berliner Notunterkünften,
ein allgemeines Vorgehen ("Best Practices") um dein Ziel zu erreichen.

Grundsätzlich ist der Ablauf folgender (Reihenfolge kann variieren):
* Auswahl der Unterkunft
* Kontakt Betreiber
* Uplink finden
* Begehung
* Planung der Hardware, Hardware beschaffen, konfigurieren
* Installation der Hardware (Deployment)
* Betrieb/Pflege der Hardware (Maintainence)

== Auswahl der Unterkunft ==
Um eine Unterkunft zu vernetzen, muss man sich als allererstes für
eine Unterkunft entscheiden. Das kann auf zwei Arten erfolgen: Man
sucht sich eine Unterkunft oder die Unterkunft findet einen.

Für den ersten Fall versuche eine Liste der Unterkünfte in deiner Gegend zu
bekommen. In der Regel ist das "Landesamt für Gesundheit und Soziales"
(LaGeSo) für die Unterkünfte von Flüchtlingen zuständig und sollten
daher über Listen verfügen wo es eine Unterkunft in deiner
Nähe gibt und wer sie betreibt. Sinnvollerweise wählt man eine
Unterkunft, welche
noch nicht vernetzt ist (siehe auch [[Freifunk_hilft]]. Idealerweise
hat das Amt auch Informationen zur (WLAN-)Ausstattung. Ansonsten hilft
nur abtelefonieren der der Liste um herauszufinden wo Bedarf besteht
und oder der Wunsch nach technischer Unterstützung besteht.

Im zweiten Fall findet die Unterkunft dich ;) Beispielsweise weil bei
dir in der Straße eine Unterkunft eröffnet worden ist. Versuche
herauszufinden wer der Betreiber ist. Das kann a) per Google erfolgen
oder b) per pedes, also hingehen und fragen.
Möglicherweise ist der Betreiber auch auf dich bzw. Freifunk
zugegangen, z.B. bei einem Treffen oder per Mailinglist. In diesem
Fall werden die nachfolgenden Schritte einfacher.

== Erste Kontaktaufnahme mit dem Betreiber ==
Wurde eine Unterkunft mit Bedarf ausgewählt, folgt üblicherweise ein
Telefonat / Mailverkehr / Facebook-Anfrage mit dem Betreiber. Aber
bitte bedenke: Der Betreiber hat in der jüngsten Vergangenheit
sicherlich Unmengen Anfragen erhalten von Leuten die Hilfe in
Form von Kleidung, Essen, Sprachkursen, Kinderbetreuung, "Amtshilfe",
bla, blubb, Hinz und Kunz anbieten. Sei also geduldig und
verständnisvoll wenn ''dein'' Anliegen jetzt nicht zwingend die
höchste Priorität genießt.

Ziel der ersten Kontaktaufnahme ist es Hilfe anzubieten und Informationen
auszutauschen. Nachdem man die eigene Person und die Ziele von
Freifunk vorgestellt hat, sollte die Versorgungssituation im jetzigen
Zustand bzw. die Planung erfragt werden. Insbesondere ob ein DSL Anschluss
verfügbar bzw. geplant ist (Uplink) und ob dieser mit den Bewohnern geteilt
werden soll.

Man bietet Hilfe an - d.h. man muss nicht als Bittsteller auftreten.
Auchnwenn man vermutlich nicht offene Türen einrennt, gibt es einige
Vorteile für den Betreiber: In der Regel ist IT-Support
<del>schweine-teuer</del> gut bezahlt (70-90?/h) - jedoch wir (d.h.
'''du!''') bietest ihn
gratis an. Hardware wird möglicherweise leihweise oder dauerhaft zur
Verfügung gestellt. Ausserdem kann der Betreiber die Zusammenarbeit
mit Freifunk für eine positive Aussendarstellung verwenden. Oder für
eine negative, wie die
[https://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-herne-und-wanne-eickel/stadt-herne-blockiert-initiative-fuer-wlan-in-fluechtlingsheim-id11058297.html
Stadt Herne].

Jedoch kommt auch für den Betreiber ein gewisser Aufwand zusammen. Er
stellt ..
* Strom für die APs
* Aufstellfläche für die APs. Diese solle vor Zugriff durch Unbefugte
geschützt sein (z.B. Räume unter Aufsicht, Montage in abschließbaren
(Holz)Schränken, Montage außerhalb der Reichweite (Decke), ...) um
Manipulation und einer "unabgesprochen Entleihung" vorzubeugen
* Zugang zu den Räumlichkeiten (nach Absprache, in Begleitung des
Betreibers -> Koordinierungsaufwand )
* Kontaktdaten von Personen vor Ort (für z.B. Router neu starten)
* Ggf. Zugang zum Dach / Aussenfassade / Balkon etc für den Uplink /
Backboneanschluss (Siehe Abschnitt "Uplink")
* Ggf. Die Möglichkeit LAN Kabel zu verlegen
* Ggf. Spende für die Hardware (Siehe Abschnitt "Wer zahlt?")

Am Ende der Kontaktaufnahme steht in der Regel ein Commitment, dass
* ''der Betreiber dich unterstützt'' in deinen Vorhaben  mit den
vereinbarten Ressourcen unterstützt
* ''du den Betreiber unterstützt'' d.h. du Verantwortung übernimmst
die Hardware einzurichten und in der Regel zu maintainen (siehe
unten).

''(Vieleicht will jemand (TM) die o.g. Punkte ja in einen Mustertext für
eine Email Anfrage verwandeln ;))''

Nach einer ersten Kontaktaufnahme muss Betreiberintern normalerweise
Rücksprache gehalten werden. Es ist also nicht mit einer sofortigen
Antwort zu rechnen. Alle zwei Tage freunlich nachharken zeugt von
Behaarlichkeit und das es einem Ernst ist.

Falls der Betreiber sich weigert (Absage), siehe entsprechenden Abschnitt unten.

== Planungsphase ==
[[Image:Unterkunft verfreifunken
beispielskizze.jpg|thumb|right|Beispielskizze der zu installieren
Infrastruktur: Welche Hardware, wie befestigen, woher kommt Strom,
welche Node macht VPN, DHCP, etc.]]
[[Image:TeskeSchule-Provisorum-II-Uplink.jpg|thumb|right|Beispielfoto:
Wo kommt der Downlink hin?]]

Idealerweise signalisiert der Betreiber nach kurzer Zeit
Kooperationsbereitschaft. Normalerweise bekommt man dann einen
Ansprechpartner zugeteilt. Diesen kontaktiert man für die
detaillierte Planung.  Auf Freifunk-Seite ist neben den
Uplink-Möglichkeiten (BBB-Anschluss im Vorfeld planen, s.u. "Uplink")
der zu versorgende Bereich relevant um abzuleiten wie viele APs
erforderlich sind. Die Anzahl der zu  versorgenden Personen ist insb.
für das DHCP relevant sowie für die Kapazitätsplanung im Allgemeinen.

Sinnvollerweise trifft man sich für eine Begehung. Falls eine Begehung
nicht zeitnah möglich ist, hilft plastisches/detailiertes Beschreiben
am Telefon um den Hardwarebedarf abzuschätzen.

Bei Begehung untersucht der man die Räumlichkeiten auf:
* Aufstellflächen für BewohnerAP/Mesh APs - Dabei beachten, das bei einem
Meshing die APs nicht zu weit auseinander liegen dürfen. Je nach
Gebäudeart kann maximal ein Raum oder gar nur eine Wand überbrückt werden.
Reflexionsflächen (Feuerschutztüren etc) sollte man ebenfalls
beachten.
* Falls ein Uplink zum Nachbarn erforderlich ist, solle bedacht
werden, dass 5Ghz Signale nur in Ausnahmen ein Fenster durchdringen.
Stichworte: Einfallswinkel, Totalreflektion!
* Fotos der möglichen Aufstellorte und des Uplinks / vom Dach (wenn möglich)
* Foto des Grundriss (Siehe Fluchtwegeplan - hängt normalerweise an jeder Ecke)
Ebenso sollte man die möglichen Aufstellflächen auf Strom,
Diebstahlschutz und Befestigungaufwand bewerten.

Während der Begehung ist es auch möglich die eher kritischen Punkte
(Dachzugang, Kabel verlegen, Wer zahlt) dezent zu erfragen falls man
diese nicht schon Leopard2-mäßig in der ersten Kontaktaufnahme
angesprochen hat.

Nach der Begehung erstellt man sinnvollerweise eine Skizze der
zu installierenden Infrastruktur:
Ausgehend von der (bösen) Internetwolke, hangelt man sich durch bis zu
den Mesh APs. Dabei beantwortet man für jeden AP die Fragen:
* Wo und wie befestigen? Ist Bohren erforderlich? Montagematerial!
Reicht Kabelbinder ? Panzertape (Innenraum) ?
* Woher kommt der Stom? PoE-Injektor? Kabellänge?
Sowie Fragen zum Netzwerk allg.: Welche IP bekommt welcher AP,
wohinkommt der DHCP etc.

Aus dieser Skizze leitet man dann den Material- und Werkzeugaufwand
ab. Später ist sie hilfreich bei der Konfiguration eines Stapels APs
den Überblick zu behalten ;)

Spätestens jetzt sollte man den VPN Key auf der Mailingliste erfragen.
Als Wartezeit dafür sollte man 24-48h einplanen.

== Uplink ==
Bei dem Thema Uplink, also der Verbindung des lokalen
Freifunknetzwerkes mit dem Internet, gibt es mehrere, ziemlich
unterschiedliche Möglichkeiten, daher hier ein eigener Abschnitt.

''' Möglichkeit 1): DSL im Gebäude.'''
Falls der Betreiber bereits einen DSL Zugang vor Ort hat (oder er
zeitnah beschaltet wird), ist es naheliegend diesen zu verwenden. Dies
wird jedoch wegen Haftungsfragen möglicherweise erschwert. Exmplarisch
hierzu ein Post auf der Berliner Mailingliste
[http://lists.berlin.freifunk.net/pipermail/berlin/attachments/20150914/ddab47ad/attachment.html
[Berlin-wireless] Freifunk für Templin (Uckermark)]. Auch kann es sein
das der lokale Admin sich primär für die Belange der
Betreiber einsetzt und daher garnich möchte, dass der Betreiber-DSL-Anschluss
mit den Bewohnern geteilt wird. Oft wird dann die IT Sicherheit vorgeschoben
anstatt anstatt das Netzwerk ordenlich zu confen (Traffic-Shaping,
Firewall, etc).

Also kann man sagen, dass man die Möglichkeit des DSL-Anschluss in
jedem Fall erfragen sollte, aber nicht überrascht/enttäuscht sein
sollte, wenn der Betreiber sich in diesem Punkt quer stellt.

'''Möglichkeit 2): Richtfunk zu einem Nachbarn'''
Ist Vorort keine Möglichkeit den Traffic einzuspeisen, kann man sich
umschauen ob man einen Nachbarn findet der bereit ist seinen
Internetanschluss zu teilen. Beispielsweise am
[[Berlin:Standorte:Teske-Schule|Standort Teske-Schule]] war dies der
Fall. ''Wie'' man den Nachbarn findet gibt es mehrere Möglichkeiten:
* Hingehen, Fragen (Klinkenputzen)
* Aushang/Briefkasteneinwurf
* ...
* Jemand auf der lokalen Mailingliste/Forum kennt jemanden in der
näheren Umgebung
* Nachbar meldet sich auf der lokalen Mailingliste/Forum
Es lohnt sich also mal auf der lokalen Mailingliste/Forum rumzufragen.

Für die Kontaktaufnahme mit dem Nachbarn kann man o.g. Vorgehen recyclen.
Auf ihn/sie kommt der gleiche (Stellplatz, Strom, ggf. Diebstahlschutz)
Aufwand zu, wenngleich aber mit weniger Umfang. Neben dem zwingend notwendigen
5Ghz Uplink-AP, bietet es sich ggf. auch an noch an einen 2,4Ghz Outdoor AP
daneben zu hängen um bspw. Straße/Grünflächen vor der Unterkunft,
sowie Bereiche in Fensternähe im Gebäude unabhängig vom Mesh zu versorgen.

Idealerweise gibt es auch schon einen Nachbarn der ein Freifunk
betreibt und als Unterstützer (z.B. beim Konfigurieren) gewonnen
werden kann.

Diese Möglichkeit ist aufwendiger, da zusätzlich zwei 5Ghz-Outdoor APs
beschafft und konfiguriert werden müssen, jedoch ist sie unabhängig
vom Betreiber-DSL.

'''Möglichkeit 3): Richtfunk zum Backbone'''
Zumindest in Berlin wird ein stadtweiter, im Aufbau befindlicher
Backbone betrieben , der [[BBB]]. Falls ein Standort des BBBs von der
Unterkunft aus (Dach, Fenster OG, ..) sichtbar ist, findet sich auf der
Standortseite ("Gegenstelle") eine Kontaktperson die man z.B. per
Mailingliste kontaktieren kann. Diese muss in der Regel eine bereits
vorhanden Antenne/Schüssel in Richtung der Unterkunft drehen oder eine neue
anbringen. Dies erfordert ggf. etwas Vorlauf.

== Beschaffung / Wer Zahlt ==
* tba

== Konfiguration ==
* links mit tutorials

== Installation / Deployment ==
* Termin Betreiber -> ggf. Räume aufschließen
* Werkzeug (Bohrer etc) + Befestigungsmaterial + Laptop zum Testen
(ggf. zusätlich Android App "Fing", "Wifi Analyser" o.ä.)
* ggf. Flyer/Poster anbringen (link übersetzter Flyer)

== Maintance ==
* DU bist verantwortlich -> Betreiber ruf dich nachts (morgens) an und
sagt dir "mein" internet geht nicht
* DU rennst/telefonierst rum mit nachbarn (Uplink) / betreibern,
ziehst stecker, pingst rum, usw
-> Mal eben ne Unterkunft verfreifunken und dabei 'nen Martini
schlürfen is nich!!

== Wie es weiter geht ==
Zeugs was durch Internet vor Ort sicherlich begünstigt wird:
* http://support.refugeesemancipation.com/en/
* http://refugeesonrails.org/
* ...

== Was tun wenn der Betreiber sich weigert ==
* Berlin: Pflicht
* Außendarstellung / media-buzz z.b.
[https://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-herne-und-wanne-eickel/stadt-herne-blockiert-initiative-fuer-wlan-in-fluechtlingsheim-id11058297.html
Stadt Herne blockiert Initiative für WLAN in Flüchtlingsheim]
* Von außen befunken


[[Kategorie:FAQ]] [[Kategorie:Refugiees]]





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