[Berlin-wireless] Ueberlebenskampf der Musikindustie verhindert neue Mediener
Sven-Ola Tuecke
sven-ola
Sa Sep 9 10:00:55 CEST 2006
Berlin, Hambug (tux/fake)
Ein aktuelles Urteil des LG Hamburg richtet den Medienfokus einmal mehr auf
den Überlebenskampf der Musik-Industie. Die in den 50er Jahren mit den damals
modernen Kommunikationsmitteln groß gewordene Musikindustrie tut sich schwer,
ihre auf Kontrolle der Schallplattenpressen und Radiostationen beruhenden
Geschäftsmodelle anzupassen. Mit der ab der Mitte des zwanzigsten
Jahrhunderts möglichen elektronischen Vervielfältigung von Musik und
AV-Inhalten konnten damals noch gute Geschäfte gemacht werden. Heute
behindert der Kampf um dieses Geschäftsmodell die Entstehung neuer
Nutzungsformen - "die Revolution frisst ihre Kinder" sagt man.
Erste spürbare Einbrüche bei Umsatz und Kapitalgebern entgegnet man seitens
der Hersteller mit dem Hinweis auf geändertes Verbraucherverhalten. Sowohl
Musikszene als auch Verbrauchergeschmack seien heute sehr diversifiziert. Und
die Zeiten, wo der einzige Fernsehsender noch sogenannte Strassenfeger
produzieren konnte, seien ja bekanntlich auch vorbei so ein Sprecher.
Bei diesem Abwehrkampf gegen die neuen Kommunikationsformen sei man leider
hauptsächlich auf die Mittel der P.R. angewiesen, so ein Insider der Branche.
Verschiedene Versuche, den Kontrollwunsch in bestehende Abrechnungssysteme
ganz generell einzubetten wurden Aufgrund der aktuellen Gesetzslage von
Gerichten und dem Innenministerium zurückgewiesen. So darf beispielsweise die
deutsche Telekom nicht ohne Verfügung sämtliche Verbindungsdaten vorbeugend
übermitteln. Erhebliche Datenschutzbedenken hätten dies verhindert -
gleichwohl wäre das der Königsweg - so der Insider. Aus Datenschutzkreisen
verlautet dazu, dass es ja wohl nicht anginge, zu Abrechungszwecken
eingeführte Systeme wie Kreditkarten, Autobahn-Maut und Gesundheitskarte zur
Überführung von Ladendieben zu missbrauchen. Diese seien Ausschließlich zur
Abwehr erheblicher Gefahren und zur Unterstützung der im Ausland tätigen
Dienste vorbehalten.
Der Dachverband der Musikindustrie weist darauf hin, das die kürzlich in
Radio+Kinospots gestartete Kampagne unter dem Motto "Raubkopierer sind
Verbrecher" bereits erste Erfolge zeigt. Das Thema sei jetzt in den Köpfen
drin - und damit könne bereits ein wichtiger Benchmark bei der Umsetzung der
beschlossenen Verteidungsstrategie als erreicht bezeichnet werden. Gleichwohl
habe man noch ein kleineres Vermittlungsproblem, insbesondere auch der
jüngeren Generation den Unterschied zwischen Eigentums- und
Überlassungsrechten zu erklären. Insbesondere die Abkoppelung von einfachen
Handlungsweisen (die Schallplatte im Schrank zeugte früher von den
Eigentumsrechten des Käufers) mache hier Probleme. Es sei eben schwer zu
vermitteln, dass das Eigentumsrecht auch für die einfach zu duplizierenden
Bitkombinationen gelte - so ein Statement eines führenden Experten für
Verbraucherpsychologie.
Auch die Diskussion um die Patentierung von Algorithmen und Geschäftsmethoden
sei hier sehr hilfreich - so ein Sprecher - denn auch dabei würde das
Problembewusstsein von Insidern und die Angst von Endverbrauchern in unserem
Sinne beeinflusst.
My two cents (und bloss nicht zu Ernst nehmen),
// Sven-Ola
_______________________________________________
Berlin mailing list
Berlin at olsrexperiment.de
https://www.olsrexperiment.de/cgi-bin/mailman/listinfo/berlin
Mehr Informationen über die Mailingliste Berlin