[Berlin-wireless] Nicht gut: Haftung des Anschlussinhabers

Florian E. Teply usenet
Sa Jan 13 18:27:36 CET 2007


Christophe Sokol wrote:
> Alexander Morlang wrote:
>> Christophe Sokol schrieb:
>>> Ohne exzessives Logging (welches afaik weder Fon noch Freifunk anbieten) 
>>> scheint mir das Risiko zu hoch. Schade.
>> Angsthase, schon mal was von zivilcourage gehoert?
> 
> Hallo Alex,
> 
> was hat das denn damit zu tun? Die beiden Hauptprobleme sind 
> Urheberechtsverletzungen und Kinderpornographie und für beides möchte 
> und werde ich weder haften noch den Ärger haben.
> 
Hmm, was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Auf den ersten Blick ersteinmal garnix, das eine sind
Rechtsverletzungen, das andere eine Eigenschaft, die eigentlich von
jedem Bürger gewünscht ist.

Um das jedoch etwas deutlicher zu beleuchten: Bei Freifunk geht es in
erster Linie um die Freiheit, mit anderen zu kommunizieren. Und obwohl
wir in einem freien Land leben, müssen unsere Freiheiten genauso wie
unsere Grundrechte jeden Tag aufs neue erkämpft und bewahrt werden. Das
Ding dabei ist halt, daß einem der Wert dieser Freiheiten meist erst
dann vollkommen bewusst wird, wenn man sie nicht mehr hat. Und darauf
möchte ich es eigentlich nicht ankommen lassen.

Klar, die bereits genannten Rechtsverletzungen möchten wir in unserem
Netz nicht haben. Sie aber proaktiv 100%ig zu verhindern ist weder
technisch machbar noch wünschenswert. Nicht machbar, weil es immer
Mittel und Wege gibt, die Protokollierung zu umgehen, sei es mit nem
SSH-Tunnel auf nen externen Rechner, oder durch andere technische
Möglichkeiten. Nicht wünschenswert, weil das besagte exzessive Logging
einige Freiheiten einschränkt, die wir uns gerne erhalten wollen.
Welche Freiheiten? Da wären so grundsätzliche Dinge, auf die unser
Rechtssystem aufbaut, beispielsweise das Fernmeldegeheimnis (Art. 10
GG), welches nicht nur die Inhalte einer Kommunikation schützt, sondern
auch die Tatsache, ob eine Kommunikation stattgefunden hat oder nicht.
Dazu kommt die Unschuldsvermutung, die durch exzessives Logging ad
absurdum geführt würde. Wieso? Kurz erklärt: Grundsätzlich geht man
davon aus, daß wir unschuldig sind. Man muss also (zumindest im
Strafrecht) erstmal nachgewiesen bekommen, daß man eventuell doch
schuldig sein könnte. Wenn jetzt aber jemand kommt und alles mitmeißelt,
was ich mache, um mir hinterher nachweisen zu können daß ich Mist gebaut
hab, dann setzt er insofern die Unschuldsvermutung außer Kraft, daß er
bereits vorher davon ausging, daß ich mich rechtswidrig verhalten werde.
Denn sonst hätte er sich die Mühe ja gespart. Man muß also gedanklich
bereits aus einer grundsätzlich vorausgesetzten Unschuld zu einer
grundsätzlich vorausgesetzten Schuld übergehen, um überhaupt alles
unabhängig von Verdachtsmomenten mitzuprotokollieren.
Weitere Freiheiten, die dadurch berührt werden, sind das Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das
Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung und der rechtsstaatliche
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die erwähnte Zivilcourage wird also benötigt, um die genannten
Freiheiten und rechtsstaatlichen Grundsätze zu erhalten.

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Gruß
Florian

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