[Berlin-wireless] Berliner Ton

Marco Tidow martidow
Fr Jul 6 21:01:05 CEST 2007


On Fri, Jul.06. 16:25 +0200, jr wrote:
> also, ich hab ja mit der berliner freifunk community nix zu tun, aber
> dieser veraechtliche ton den man hier ueberall raushoert verdirbt mir
> irgendwie die lust mitzumachen...
> gruss, johannes

hallo johannes,

nicht gleich aufgeben.  Deine beobachtung stimmt natürlich.
die hier ablaufenden auseinandersetzungen sind allerdings auch vielfältig,
sowohl die zwischenmenschlichen hart wie auch die technik-bezogenen.

das gebiet F´hain in Berlin zählt aufgrund seiner history (Glasfasern, lange
kein billig-0815 DSL möglich) zu den am dichtesten mit wlan-technik bespielten
gegenden.

deshalb ist Freifunk hier immer ein bißchen mehr auf dem prüfstand, und (auch
wenn mancher das anders sieht - hi rolf) hier gefundene technische mittel,
ihn trotz allem stabil zu betreiben, können durchaus als maßstab generell
betrachtet werden, z.b. als "standard-config" der Freifunk-firmware.
die endet aber nicht bei software-variablen, sondern schließt auch
organisatorisch, also zwischenmenschlich zu findende "Regeln" mit ein, sei es
"wer macht wann was", "was muß kommuniziert werden", als auch an grundüber-
zeugungen stoßende fragen nach "wieviel antenne muß+darf es sein", usw.



dazu sind hier eine menge charaktere vertreten, die z.t. zum "urgestein" der
freifunk-idee zählen, jahrelang "dabei" sind.

wie überall, wenn unerschiedliche interessen, auch kommerzielle bei einzelnen,
eine rolle spielen, werden öffentliche medien - also auch diese liste - zum
austragungsort des ringens um "deutungs-hoheit", politisch (politik == die
vermittlung zwischen dem privaten und dem öffentlichen).

dafür ist die wlan-technik zudem auch noch besonders geeignet, weil technisch
umfangreich ("komplex") und in ihren möglichkeiten ungemein flexibel.
(2km direkt-verbindung über die stadt von stummel-zu-bi-Quad Antenne geht
 ebenso - wenn auch langsam, wie mit zwei teuren haken privates-speed-funken
 von balkon-zu-bakon ohne rücksicht auf verluste)



das allem zugrunde liegende "Grund-Gesetz" des pico-peering hält sich u.a.
aus diesen gründen - weise - zurück, alles bis ins letzte detail regeln zu
wollen; an dieser stelle fängt die community nicht zuletzt an.

über techische vehikel 24h am tag "miteinander verbunden" zu sein, braucht
auch im zwischen-menschlichen ein pendant, ein mindestmaß an sich gegenseitig
wahrnehmen, rücksicht üben.  sonst kann man das zeug auch wieder verschrotten,
oder sein privates wlan betreiben.



sicherlich sind harte auseinandersetzungen um technische details letztlich
die ursache vieler mißtöne, im grunde aber relativ leicht zu entscheiden.
geht - geht nicht, eben.

schwierig wird´s, wenn der umfang technischer entscheidungen dazu führt,
daß anstelle eigener (sicherlich mühsamer, zeitintensiver) meinungsbildung,
personen als "referenz" den stellenwert von "wahrheit" verkörpern.


vokabeln wie "sau durch´s dorf treiben", arschkriecherei, heils-versprechen,
deuten darauf hin, das mehr *geglaubt* als *gewußt* wird.

an dieser stelle beginnen zeit-fressendes hick-hack, ignoranz (absichtlich
sachverhalte nicht wahrnehmen wollen), möglichkeit zu intrigen, ausflucht
in lügen, also banal persönliche schwächen, was angesichts der zeitknappheit,
die freiwilliges engagement meistens beengt, eigentlich angesagtes,
pragmatisches vorgehen unerhört behindert.


je nach realem bedarf an internet per Freiunk wenden sich, nicht allein an
der technik als solcher, interessierte schnell wieder ab.

leider, denn der wirkliche "schatz" des Freifunk-gedankens liegt in dem
umstand, daß die Idee selbst jenseits allen technischen trallallas
kommunikations-, also gemeinschafts-stiftend wirkt, kurz, jede menge
leute anzieht, aus den unterschiedlichsten metiers und mit vielfältigsten
möglichkeiten kontakt zu einander aufnehmen läßt, was einen riesen spaß
macht!



damit sind, glaube ich, sowohl die entscheidenden tabu´s benannt,
 
 - kommerzielle interessen, konflikt des engagements mit der
   notwendigkeit, eigene zeit zum lebensunterhalt aufzuwenden;
   der real-existierende bedarf wenig technik-befaßter, support zu erhalten,
   um an Freifunk teilnehmen zu können, und die möglichkeit + neigung anderer,
   diesen zu liefern  : organisation eines FF-dienstleistungs-marktes,
   ohne sozial-unverträgliche zugangs-hürden einzuführen, auszugrenzen

 - den anspruch auf / bedarf an internet-zugang als erstem knackpunkt,
   sich Freifunk (ohne allein technisches interesse) zuzuwenden,
   zu verneinen, zu ignorieren

 - nicht gemeinsam öffentlich (jenseits einer "Merito-Kratie") unter
   einbeziehung aller betroffenen, technische wie zwischenmenschliche
   spielregeln zu vereinbaren, weil´s zusätzlich zeit+mühe bedeutet
   und previlegien zur disposition stellt

 - als rein-technik-interessiert/-motivierte unter dem label "Freifunk"
   auf "nützliche idioten", die eine sonst unerschwingliche spielwiese 
   an ebenso unerreichbaren örtlichkeiten liefern, zugriff zu nehmen

 - technisch: aufwand abzustimmen, selbst unter verzicht auf sofortige
   mega-verbindungen einem kontinuierlichen wachsen des netzes den
   vorrang einzuräumen, sich dem damit einhergehenden aufwand an
   zuwendung gegenüber der mehrheit nicht-technisch bewandter teilnehmer
   zu öffnen

als auch erstmal genug geschrieben, meinerseits ;-)

LG marco






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