[Berlin-wireless] Mal wieder Zapp-Diskussionen

Sven-Ola Tuecke sven-ola
Fr Aug 2 13:26:28 CEST 2013


Hi André,

Antwort auf Frage 1 kennst Du selbst. Torrent ist eine Technik / ein Protokoll. Urheber-Blubbs ist Gesetz / Geschäftsmodell. Unterschiedliche Netzebene, also kein unmittelbarer Zusammenhang.

Zu Frage 2: Neben der Fileshareritis gibts noch 'ne ganze Reihe anderer Anfechtungen. Hauptsächlich wegen des anmeldefreien Zugriffs. Stichwort "beleidigter Bürgermeister" oder "Aufruf zur Volksverhetzung" usw. Anon *muss* aber sein.

Ich hab nix gegen Dateitausch. Bitcoin-Clients sind z.B. hoch willkommen und sollten auch nicht geblockt werden. Die Maßnahme richtet sich (hoffentlich einigermaßen) gezielt gegen massenhaft nachgefragte Inhalte mit lauernden Anwäten. Mithin hauptsächlich gegen im Fernsehen / Fratzenbuch bei unseren Kids beworbene Inhalte, weil die am aggressivsten verteidigt werden.

Wie schon in einer vorigen Mail angesprochen: Beschränkungen, an die sich alle gewöhnt haben sind immer noch Beschränkungen. Jeder DSL-Nutzer kennt z.B. die Segnungen von Portforwarding/DMZ. Dass dies bei unserem Angebot nicht funzt halte ich mindestens für einen ebenso schwerwiegwnden Neutralitätsverstoß. Ganz zu Schweigen vom Gebot, die faire Nutzung vorhandener Resourcen auch durchzusetzen.

Achso. Hab' ich doch letztens gehört: "In unserem $Hackspace geht das alles ohne solche Sachen". Stimmt schon, aber Anonym ist was anderes. Die schützt die Vermutung der Kids, dass da ein fitter Admin was auf die Nase gibt wenn man tagelang vorm Eingang sitzt. Zudem schreiben gewisse Leute nicht so gern, wenn im Whois das Stichwort "Wir sind Hacker. Schreib' uns doch!" steht. Schwer nachzuweisen, aber ich bin recht sicher dass das so läuft.

Gruß aus Berlin // Sven-Ola



Andre Schmidt <m.andre.schmidt at me.com> schrieb:
>Hallo Sven,
>
>Ich verstehe deinen Standpunkt und er ist weitgehend nachvollziehbar. 
>
>Zwei Nachfragen:
>- Warum wird torrent automatisch mit Urheberrechtsverletzung und
>Illegalität verknüpft?
>- Ich war der Ansicht man hat sich genau deswegen als ISP eintragen
>lassen, damit man nicht mehr irgendwelche Schutzmechanismen ziehen
>muss. Wenn nicht, was war dann der Gedanke?
>
>Danke & schönes Wochenende,
>andre
>
>
>Am 02.08.2013 um 09:58 schrieb Sven-Ola Tuecke <sven-ola at gmx.de>:
>
>> Hallo Monic, et.al,
>> 
>> ich bin die Diskussion eigentlich leid. Es muss aber wohl sein -
>schließlich ist das ein Thema, das bewegt. Also mach' ich mal ein CC:
>an die Liste dran, und ein CC: an Andre (HH) weil wir das erst gestern
>hatten.
>> 
>> Also erstmal die rohen Fakten:
>> 
>> - Wir (bzw. der Verein freie Netze e.V) bieten in Berlin einen
>VPN-Service an. Sinn: das im Freifunk-Video versprochen "du kannst den
>Internet-Verkehr bei uns loswerden, wenn du ein offenes Funknetzwerk
>ohne Anmeldung anbietest".
>> 
>> - Da ist jeder willkommen - wenn es denn irgend einen
>Freifunk-Zusammenhang gibt. Schlüssel werden fleissig verteilt. Das ist
>genau die Konfig, die auch schon in Slovenien für drei Jahre ärgerfrei
>lief.
>> 
>> - Auf dem VPN-Server ist ein Zapp aktiv. Das bedeutet: sobald jemand
>einen Torrent anwirft bekommt er a) kein UDP mehr, b) sein DNS
>geproxied, und c) ein Nervseite mit [Ich mach is weg]-Button. Das ist
>für 4 Stunden aktiv, danach schaltet es sich automatisch aus.
>> 
>> - Beschlossen wurde das AFAICR auf der Vereins-Sitzung Ende-2011. Die
>Diskussion wurde bereits da geführt und ich hab' noch gut Reto im Ohr,
>der uns dringend zu dieser Maßnahme geraten hat. Da es keinen anderen
>Beschluss gibt setze ich das durch.
>> 
>> Und jetzt kommt meine Meinung:
>> 
>> Derzeit gilt grob gesagt diese Regel: "You can have Germany, Anonym,
>Bittorrent. Choose two". Dass wir "Anonym" haben wollen halte ich für
>selbstverständlich. Niemand von denen, die immer wieder "Neutral"
>einfordern bietet einen Dienst in Deutschland. Ins Ausland tunneln kann
>ich auch, aber wir hatten von Senat|MABB die Anforderung: "Hier, sonst
>keine Zusammenarbeit".
>> 
>> Mir ist auch klar, wo die Forderung nach offenen Torrents herkommt.
>Macht schön viel Verkehr, ist gut Reklame (besonders bei unseren
>Jugendlichen "Kunden") und man bekommt sicher einen Orden "Held der
>Freiheit" (wenn auch evt. nicht von der Inhalte-Industrie). Ich will
>aber keinen Orden. Ich will das der Laden läuft. Und zwar lange.
>> 
>> Ich hab' außerdem relativ wenig Bock das mit den Torrents zu weit zu
>treiben. Eine Ausnahme für Skype ist schon drin, das muss es tun.
>Allerhöchstens mach ich noch eine Regel für die üblichen Tracker
>(Ubuntu, Debian, Libreoffice). Aber ich glaub' nicht, dass das hilft. 
>> 
>> Viel lieber kümmer ich mich um Dinge, die nicht funktioneren.
>Beispielsweise gibt es derzeit wegen symmetrischem NAT keine
>Möglichkeit 2 SIP-Telefonie-Teilnehmer über Internet direkt miteinander
>zu sprechen zu lassen bei geringen Latenzen. Da jammert keiner
>"Neutral!" sondern es ziehen sich alle auf die "Geht halt
>nicht"-Position zurück. Das finde ich ein Stück weit unehrlich,
>bedeutet es doch ein indirekt Förderung des proprietären
>Skype-Programms.
>> 
>> Mir ist auch klar, dass es durchaus den Willen gibt "es den Abmahnern
>mal zu zeigen". Immerhin gab es da ordentlich Funding für FF-Rheinland
>um das mal durchzuziehen. Das wird aber Jahre brauchen und es ist (wie
>immer vor Gericht) mit ungewissem Ausgang. Diese Zapp-Geschichte hilft,
>dass wir nicht gleich mit voller Wucht überfahren werden. Ich würde
>erstmal abwarten wollen, wieviele der üblichen Porno-Abmahnungen /
>Verbindungdatenanfragen so eintrudeln und diese Zapp-Geschichte dann so
>nach und nach zurückfahren. Zapp bietet keinen 100%-Torrrent-Block
>sondern kann nur Leute blockieren die die beliebten Hollywood /
>Justin-Bieber-Torrents ziehen -> 3 Leute Sharing mit 1 Anbieter, 1
>Lutscher und 1 Anwalt gehen durch. Technisch kann man das
>Stück-für-Stück zurückfahren ("Am Regler ziehen").
>> 
>> Darüber hinaus macht das Zapp aus Netzwerker-Sicht weitere Effekte.
>Die Funkstrecken sind nicht so belegt (remember: ein Torrent mit DHT
>ballert alle in der Umgebung weg, die nur mal eine E-Mail abfragen
>wollen). Es gibt eine starke Motivation, aus Routing-Faulheit oder
>IP-Allocation-Coordination-Faulheit entstandene NAT's abzuschalten
>(siehe oben: SIP-VoIP). Es erzieht Leute, entweder One-Click-Hoster
>oder eigene VPN-Kauf-Zugänge zu nutzen (ja das geht natürlich, das Zapp
>wird niemand blockieren der brav nach Relaxx tunnelt). Die ständige
>Schnitzeljagd mit den Verwertern macht zudem die ins Ausland
>getunnelten VPN-Dienste auf Dauer unzuverlässig (erfordert ständiges
>Nachjustieren -> HH).
>> 
>> Ihre merkt bestimmt den leicht genervten Tonfall. Diese Scheiss "Wir
>wollen Saugen" vs. "Wir wollen verdienen"-Geschichte geht mir
>allmählich auf den Geist. Es behindert, das wir Dienste zuverlässig
>machen. Es behindert, dass wir uns um neuartige Dienste kümmern. Es
>belegt die Köpfe und die produzieren dann keine guten Ideen mehr.
>Hoffentlich geht das irgendwann weg.       Sharen sowieso nur noch die
>Trottel, die movie4k und Konsorten nicht kennen.
>> 
>> P.S.: Der Verein möge beschließen das komplett freizugeben. Dann hab'
>ich Ruhe und muss mich höchstens noch um den Speicherbedarf der
>Contrack-Tabellen kümmern. Achso. Ich brauch' dann mehr Speicher und
>vor allem: mehr Bandbreite. Evt. müssen wir das mit der
>Key/Konfig-Vergabe fester zurren da es dann erhebliches Interesse von
>Dritten an diesem Dienst geben dürfte (Zielgruppe genauer auf
>"Freifunk-Angebot" durchleuchten, wissenschon)
>> 
>> // Sven-Ola
>> 
>> Am 01.08.2013 12:08, schrieb Monic Meisel:
>>> Könnt Ihr dazu mal was sagen? Ich versteh das zapp auch nicht ganz
>... ist das nötig? gestern haben wir ja gelernt, das es rechtlich nix
>bringt!
>>> 
>>> Von meinem iPhone gesendet
>>> 
>>> Anfang der weitergeleiteten E?Mail:
>>> 
>>>> Von: freifunk-request at hamburg.ccc.de
>>>> Datum: 1. August 2013 12:00:02 MESZ
>>>> An: freifunk at hamburg.ccc.de
>>>> Betreff: Freifunk Nachrichtensammlung, Band 10,             Eintrag
>1
>>>> Antwort an: freifunk at hamburg.ccc.de
>> 

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